Und morgen wird die Sonne wieder scheinen
Schade eigentlich, dass Richard Strauss, der Komponist des Unbotmäßig-Überbordenden, sich nie je in Gesamtheit die «Orestie» des Aischylos vorgenommen und aus dem antik-mythischen Welttheater nur seine «Elektra» destilliert hat. Seine Neigung zu griechischen Stoffen (Daphne, Danae etc.) hätte ihn gewiss befähigt, die drei Teile des antiken Dramas über menschliche Schuld in ein Opus magnum über die schicksalhafte Fluchbeladenheit humaner Existenz in tönend bewegte Form zu gießen.
In Thorleifur Örn Arnarssons Inszenierung an der Volksbühne Berlin, die einer diffus-kruden szenischen Logik folgt und sich in ihrem bewusst gewählten Dekonstruktivismus schneller verliert, als Arnasson selbst das lieb sein konnte, spielt Strauss eine zwar quantitativ geringe, doch zuweilen überaus pointierte Rolle. Als habe sich der für die Musik zuständige Gabriel Cazes an Strauss’ stupende Griechenliebe erinnert, blendet er an zentralen Stellen kleine Preziosen ein, die allerdings nur demjenigen ihren utopischen Charakter verraten, der diesen klugen klingenden Anspielungen folgen kann – «Bohemian Rhapsody» von Queen ist eben einfacher wiederzuerkennen als ein Lied des Großmeisters Richard S.
Und so ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Dezember 2020
Rubrik: Magazin, Seite 61
von Jürgen Otten
Rainer Maria Rilke hatte vermutlich seinen Hegel gerade nicht zur Hand, als er, in den «Duineser Elegien» war es, die poetische These formulierte, das Schöne sei «nichts als des Schrecklichen Anfang». Vergegenwärtigen wir uns nur einmal die Geschichte von Orpheus, dem Ursänger, und seiner geliebten Eurydike, so mag dieses Wort des Dichters zwar zutreffen. Hört man...
Philosophisch betrachtet, ist die Angelegenheit gar nicht so kompliziert, wie sie klingt. Alles Erkennen ist Erinnerung. Und das ganze Leben eine Wiederholung. Wiederholung und Erinnerung sind die gleiche Bewegung, nur in entgegengesetzter Richtung. Verfehlt man beide Kategorien, löst sich das ganze Leben in leeren Lärm auf. Vertraut man auf sie, ist man womöglich...
Das Outfit ist, nun ja, gewagt. Vor allem, wenn man bedenkt, aus welcher Zeit es stammt. Die 1950er-Jahre in Deutschland waren noch nicht unbedingt von jenem freien Geist geprägt, den die Generation danach etablieren sollte. Das Abendkleid jedoch, das die junge Frau mit dem verschmitzten Lächeln trägt, kündet von der kommenden Avantgarde: weitgeschwungen in der...