Mehr als ein Event
Naumburgs Hauptdarsteller ist seit jeher der romanische Dom. Dem liebevoll renovierten, aber nur selten besuchten Nietzsche-Haus bleibt nur eine Nebenrolle. Der Philosoph verbrachte dort die Jugendzeit und dann sieben Wahnsinnsjahre in mütterlicher Obhut. Er komponierte auch; gleichwohl mochte Hans von Bülow seinen Werken nur «den Wert eines Verbrechens» zuerkennen – andernfalls könnte die Stadt mit ihrem ungeliebten Sohn wenigstens in musikalischer Hinsicht punkten. So aber bleibt es bei der kirchlichen Dominanz, die jetzt sogar noch übermächtiger wird.
Der Dechant hatte eine Opernaufführung im altehrwürdigen Dom angeregt, Naumburgs Theaterintendant Stefan Neugebauer realisierte sie. Die Wahl fiel auf Händels dramatisches Oratorium «Susanna», das sinnliche Sündigkeit bietet, ohne Tugend und Glaubensdemut zu vernachlässigen. Es fußt auf einer Geschichte aus dem Buche Daniel, die unter dem Titel «Susanna im Bade» in die Bildende Kunst Eingang fand: Zwei Lustgreise, ausgestattet mit richterlicher Autorität, beobachten und bedrängen die badende Schönheit, deren Gatte auf Reisen ist. Nachdem alle Annäherungen und ein Vergewaltigungsversuch misslingen, beschuldigen sie die ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Magazin, Seite 77
von Volker Tarnow
In ihrer Reihe «Opern aus den Archiven der Welt» haben Werner Ehrhardt und sein Ensemble L’arte del mondo schon mehrere Bühnenwerke wieder ans Licht befördert, die im 18. Jahrhundert überaus beliebt waren, um dann vergessen zu werden. Nach «La scuola de’ gelosi» (2015) folgt mit dem Dramma giocoso «La fiera di Venezia» jetzt eine weitere Buffa von Antonio Salieri,...
Als die Hamburger Musikhochschule im Sommer diese Oper inszenierte, gab es einen femininen Proteststurm: Falstaff hatte einigen Damen den Hintern getätschelt. So etwas gehe gar nicht, meinten Studentinnen, die offenbar nicht nur Schillers Ausführungen zur «Schaubühne als moralische Anstalt» falsch verstanden haben. Handelt das Stück, gleich anfangs verkündet von...
Kein Sonnenaufgang, keine Gewitterwolken, kein Regenbogen. (Fast) nur Schwarz und Weiß. In Tobias Kratzers Regie von Rossinis Mammut-Oper tragen die Unterdrückten Schwarz, mit weißen Hemden. Die Unterdrücker dagegen – genau wie die Gang um Alex in Stanley Kubricks Film «A Clockwork Orange» – Weiß, mit schwarzer Melone und schwarzen Stiefeln. Auf Rainer Sellmaiers...
