Clockwork Switzerland
Kein Sonnenaufgang, keine Gewitterwolken, kein Regenbogen. (Fast) nur Schwarz und Weiß. In Tobias Kratzers Regie von Rossinis Mammut-Oper tragen die Unterdrückten Schwarz, mit weißen Hemden. Die Unterdrücker dagegen – genau wie die Gang um Alex in Stanley Kubricks Film «A Clockwork Orange» – Weiß, mit schwarzer Melone und schwarzen Stiefeln. Auf Rainer Sellmaiers Bühne ein schneeweißes Podest mit schwarzen Holzstühlen für den Chor, die von Ferne an die Stuttgarter «Norma» von Jossi Wieler und Sergio Morabito erinnern.
Dahinter ein riesiges Alpenpanorama als Wandbild, selbstredend schwarz-weiß. Im Lauf des Abends rinnt (schwarzes) Blut über die Fotografie, die am Ende völlig geschwärzt ist.
Kratzer verleugnet andere Lesarten der Oper nicht, wenn er seinen eigenen Weg sucht. Wie in Roland Schwabs beeindruckender Inszenierung stellt er das Solo-Violoncello auf die Bühne – allerdings nicht bei Tells Arioso vor dem Apfelschuss, sondern für das Instrumentalsolo am Beginn der Ouvertüre. Und wie 2017 in Saarbrücken zertrümmern Geslers Hooligans gnadenlos den innigen Moment. Im Unterschied zu den Regiearbeiten Schwabs und Damiano Michielettos (London 2017) erscheint Brutalität hier nicht ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt November 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 20
von Anselm Gerhard
Was wohl der weise wie menschenkundige Doktor Marianus zu dieser Szene am Beginn des vierten Akts von «Les Indes galantes» anmerken würde? Er würde vermutlich schweigen, schmunzeln und sehr sanft sein Haupt schütteln. Denn rein gar nichts ist hier von jener reinen Minne zu spüren, die Marianus in der Bergschluchten-Szene aus Goethes «Faust II» besingt, von jener...
Florenz, die Heimatstadt Machiavellis, war schon immer Schauplatz fataler politischer Fehden. Der Maggio Musicale Fiorentino, das älteste, 1933 gegründete Opernfestival Italiens, bildet da keine Ausnahme. Aktuell steht das Unternehmen bei Dienstleistern und Gastkünstlern, bei Banken und beim Fiskus mit insgesamt 57 Millionen Euro in der Kreide. Während der letzten...
Der Frankenstein-Stoff ist derzeit schwer en vogue: In der Nebenspielstätte «Tischlerei» der Deutschen Oper Berlin kam 2018 Gordon Kampes collageartiges Musiktheater zur Uraufführung, kurz darauf folgte auf Kampnagel (als Auftragskomposition der Hamburgischen Staatsoper) Jan Dvořáks Version, basierend auf einer Schauspielmusik, die er 2014 für das Theater Basel...