Männerfantasien
Elf Jahre leitete Dagmar Schlingmann als Intendantin die Geschicke des Saarländischen Staatstheaters, eine überdurchschnittlich lange Zeitspanne für Häuser jeder Größenordnung, Indiz zudem für eine erfolgreiche Tätigkeit – mit guter Publikumsresonanz, was angesichts der ewigen Finanznöte im kleinsten deutschen Flächenbundesland nicht unerheblich ist. Als Regisseurin war sie, vom Schauspiel kommend, auch außer Haus gefragt; zu ihren Saarbrücker Dauerbrennern gehörten «Tosca» und insbesondere Rossinis «Barbiere», Letzterer eine komödiantische Feinarbeit.
«Tannhäuser», die letzte Musiktheatertat der Schlingmann-Ära, ist grosso modo wohl immer noch die Wagneroper mit der beträchtlichsten gemeinsamen Schnittmenge von romanisch inspiriertem Stimm- und Effektfeuer und romantisch-deklamatorischem Tiefsinn. Die antagonistischen Mächte der Venus- und der Elisabeth-Sphäre ergeben ein dankbar kontrastives dramatisches Potenzial. Dass es sich dabei weithin um ideologisch präparierten Illusionismus handelt, also um Männerfantasien einer Ritter- oder Bürgergesellschaft, machte die Rezeption immer schon auf unterschiedliche Weise deutlich – bis hin zur Praxis, die beiden weiblichen Hauptrollen ...
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Ein dunkles Summen von Saiten, ein geheimes Wühlen aus dem Schlagzeug, mehr ist da anfangs nicht. Klang, der sich vorantastet. Der Chor spuckt das Wort «dust» aus, Konsonanten zischen: In einem schlichten Saal beobachten Höflinge an langen Tafeln die Auseinandersetzung zwischen Hamlet und dem frisch vermählten Königspaar. Es wird getrunken, zu essen sieht man...
Mit dem Eismeer ist es nichts mehr. Brünnhilde wacht im Karlsruher «Siegfried» nicht dort auf, wo sie 20 Bühnenjahre zuvor, am Ende der «Walküre», eingeschläfert wurde. Wagners «Ring des Nibelungen» ist das Mittelding aus Duschkabine und Kühlbox, worin das kühne Wotanskind vom Vater zurückgelassen wurde, abhanden gekommen, der Teil, in dem Yuval Sharon und...
Mit Ausnahme der unglücklichen Marfa in Nikolai Rimsky-Korsakows «Zarenbraut» hat Olga Peretyatko bisher hauptsächlich Partien des italienischen Opernrepertoires interpretiert. Auf ihrer neuesten, vierten CD stellt sie sich erstmals mit russischen Arien und Liedern vor – für westliche Hörer, wenn man von Sergej Rachmaninows unverwüstlichem Bravourstück «Vocalise»...