Lyrisches Mosaik
Im Moskauer Saz-Kindermusiktheater wird die große Bühne saniert, alle Aufführungen finden deswegen auf der kleinen Bühne statt. Ende Juni zeigte man dort «Rotkäppchen» von César Cui, dem Mitglied des «Mächtigen Häufleins». Der Komponist schrieb seine Kinderoper 1911 ausdrücklich für Zarewitsch Alexej, den kranken Sohn Nikolai II. Allein für den maladen Thronfolger sollte das Bühnenwerk aufgeführt werden, und zwar von einer «weiblichen Truppe». Doch dazu kam es nicht mehr. Das Projekt zog sich hin, wenig später begann der Erste Weltkrieg.
Die Revolution zog herauf, sämtliche Mitglieder der Zarenfamilie wurden erschossen. Die russisch-orthodoxe Kirche sprach Nikolai II. und seine Familie als Märtyrer heilig, was noch heute zuweilen hysterische Reaktionen hervorruft.
Nun also kam «Rotkäppchen» ins Saz-Kindermusiktheater, ohne Alexej, aber vom Publikum bestaunt. Der Regisseur Georgij Issaakjan entfaltet vor unseren Augen kleine «Museumstheaterstücke». Ein Erzieher namens «Cui» führt den Zarewitsch an der Hand; dieser setzt sich, mit einem Plüschbärchen in der Hand, gehorsam in den Sessel des Thronfolgers. Dann singen wohlanständige Damen und junge Mädchen (Mitglieder der Zarenfamilie, ...
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Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Magazin, Seite 102
von Alexej Parin
Robert Wilson
Damals, im Sommer 1976, geschah der Musiktheater-Umsturz: Robert Wilson, 34-jähriger Texaner, präsentierte in Old Europe eine Kreation mit dem rätselhaft absurden Titel «Einstein on the Beach», die Minimal Music dazu lieferte der Amerikaner Philip Glass. Das Stück hatte von Avignon aus Furore gemacht, mit Gastspielen in einigen Theatermetropolen....
Der Ort? Schön ist er nicht. Aber ein Technoclub folgt bekanntlich anderen ästhetischen Normen und Idealen als ein Theater oder gar ein Opernhaus. Er kann dunkel, metallisch, kalt und leer sein, das ist völlig egal. Ihre Aura gewinnt eine solche Location erst in der Nacht, wenn alle Katzen grau sind, wenn die Beats hämmern, die Lichtkegel tanzen und die Leiber im...
Herr Karaman, der Schriftsteller und Dramatiker Peter Hacks schreibt in seinem wunderbaren Buch «Marxistische Hinsichten», Kunst sei nicht für die Utopien zuständig, sondern für die realistische Darstellung der Welt; man müsse zeigen, was ist. Ist das eine Idee, mit der Sie etwas anfangen können?
Unbedingt! Das ist mir sogar sehr nahe. Denn die Arbeit am Theater...