Immer nur Angst

Poulenc: Dialogues des Carmélites
FRANKFURT | OPER

Opernwelt - Logo

Es gibt Künstler, deren Ästhetik wie Œuvre relativ homogen, wenn nicht gar monolithisch wirken: Bei aller Entwicklung, auch Variabilität, wirken sie quasi einschichtig, kaum durch Brüche, Widersprüche gefährdet. Was hohe Komplexität keineswegs ausschließt.

Komponisten wie Mussorgsky, Bruckner, Webern, Varèse eindimensional zu nennen, käme einem schwerlich in den Sinn; doch ihr Personal-Stil ist stets so unverwechselbar, dass die bei manch anderen oft unvermeidbare Frage ausbleibt: «Welchen» Bach, Schubert oder Schönberg meint man denn? Dann wiederum gibt es die wandelbar Vielgesichtigen, ja Janusköpfigen, schier musikalische Chamäleons, etwa Ravel, Strawinsky, auch Ernst Krenek.

Ein Komponist freilich steht für die Extreme des provozierend Simpel-Banalen und des überaus Ernsthaften, ja Sakralen, darin am ehesten Hindemith vergleichbar – bis hin zur anfänglichen «enfant terrible»-Rolle, gespeist aus der Abwehr deutschen Anspruchsdenken bei Wagner wie Schönberg: Musik als «Botschaft», «Ausdruck» und autonome Struktur war nicht seine Sache. An unbeschwerter Fröhlichkeit, spielerischer Nonchalance lag ihm weit mehr.

Nicht zufällig hat sich dieser demonstrativen Saloppheit wegen Alfred ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Panorama, Seite 68
von Gerhard R. Koch

Weitere Beiträge
Editorial September/Oktober 2021

Sein Name ist etwas in Vergessenheit geraten. Was mehr als bedauerlich ist, zählte Ludwig Marcuse, dessen 50. Todestag wir in diesem Jahr begehen, zu den feinsinnigsten Beobachtern der menschlichen Spezies, als Schriftsteller, Essayist und Philosoph, als gleichermaßen spitzfindiger wie scharfzüngiger (Frei-)Geist. Insbesondere ein Buch Marcuses, der vorausschauend...

Zwei Gesichter

Mit Zaubertränken ist das so eine Sache: Man muss dran glauben, sonst wirken sie nicht. In Bad Wildbad wurde ein solcher gereicht, verdienst- und eigentlich reizvoll, die «Moderne Erstaufführung» von Daniel-François-Esprit Aubers «Le philtre», dem «Liebestrank». Ist es nun Segen oder Fluch, dass man beim Hören ständig das emotional aufgeladenere, elegantere...

Gladiatorenschurz und Clownsnase

Vor 75 Jahren, ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ließen im Sommer einige Kulturhungrige am Bodensee nahe dem Ufer in Ermangelung einer intakten Spielstätte zwei Kieskähne zusammenspannen: Auf dem einen saß das Orchester, auf dem anderen agierten Sänger und Tänzer, gegeben wurden Wolfgang Amadé Mozarts Schäferspiel «Bastien und Bastienne» sowie als Ballett...