Lockruf aus London
Als Michael Spyres triumphal sein hohes E in den Saal geschleudert hatte, nur um am Ende doch mit seiner ebenfalls bewundernswert höhensicheren Belcanto-Geliebten Joyce El-Khoury unter klingender Anteilnahme von Mark Elder und dem Orchestra of the Age of Enlightenment (OAE) von hungrigen Löwen verspeist zu werden, tobte das Publikum in der Londoner Royal Festival Hall vor Begeisterung. Und einige Zuhörer, die dieses im alten Römerreich angesiedelte Singdrama auf den Weg gebracht hatten, atmeten erleichtert auf.
Zumal Steven Revell und Roger Parker, der geschäftsführende Direktor und der Repertoire-Berater des britischen Labels Opera Rara.
Denn soeben war die erste philologisch korrekte Gesamtaufnahme von Gaetano Donizettis erster, auf eine Corneille-Tragödie zurückgehender französischer Grand Opéra «Les Martyrs» abgeschlossen – ein massiver Vierakter, den man bislang nur in der erst nach Donizettis Tod 1848 uraufgeführten italienischen Erstfassung unter dem Titel «Poliuto» kannte – oft grausam entstellt und gekürzt, zudem meist zu schwer besetzt (allein Maria Callas ließ 1960 der Partie der Paolina eine gewisse Soprangerechtigkeit widerfahren). Die konzertante Aufführung markierte ...
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Opernwelt April 2015
Rubrik: Magazin, Seite 72
von Manuel Brug
Politisches Musiktheater – was heißt das heute? Mit welchen Mitteln müssten, sollten, könnten Komponisten und Interpreten arbeiten, um aufzurütteln, Geist und Sinne zu sensibilisieren für das wunde Wunder unserer Welt? Gewiss, Oper war schon immer politisch: Macht und Revolte, die Dialektik von Herr und Knecht, die Utopie eines erfüllten, von aller Not befreiten...
Ein falscher Fuffziger, dieser Siegfried. Zwar erklärt er, «ihrem Manne gehorchte Brünnhild eine volle bräutliche Nacht», doch als Gutrune eifersüchtig zu bedenken gibt, dass er ja selbst in Gestalt dieses Mannes Gunther um die Walküre geworben hatte, antwortet er kryptisch: «So nah – war Brünnhild ihm fern». Banal gesagt: «Okay, Honey, ich hab mit ihr geschlafen –...
Geheime Gärten
Ein «Sunken Garden» bei Michel van der Aa, der Nicht-Ort zwischen Leben und Tod in Glucks «Orfeo», die Kunstinsel Elysium in Schrekers «Die Gezeichneten» – das Opernfestival in Lyon ist eine Reise in verrätselte Reiche.
Maskerad’
Octavian war einst ihre Paradepartie, heute führt Brigitte Fassbaender beim «Rosenkavalier» Regie. Wie jetzt in Baden-Baden...