Lauter Gelangweilte

Verdi: Falstaff
HAMBURG | STAATSOPER

Opernwelt - Logo

Fangen wir mit der Musik an. Ein Wunder an rhythmischer Energie ist Verdis letzte Oper, ein Drehkreisel, der ohne Unterlass durch die Welt hüpft, von einer Ecke zur nächsten, wie ein Perpetuum mobile, das zuweilen über die eigenen Beine zu stolpern droht. Für den Dirigenten und sein Orchester eine überaus heikle Angelegenheit. Wie heikel, war bei der «Falstaff»-Premiere an der Hamburgischen Staatsoper leidvoll zu erleben.

Axel Kober konnte noch so sehr mit den Armen rudern, das E-Dur-Quartett der Verschwörerinnen geriet schwer ins Straucheln, und es wurde auch keinen Deut besser, als sich dieses Stück zu einem Nonett mit männlicher Beteiligung auswuchs. Man möchte es nicht so nennen. Aber es war ein Debakel.

Zwar hatte der GMD der Deutschen Oper am Rhein das Philharmonische Staatsorchester Hamburg – vermutlich nach einer geharnischten Gardinenpredigt in der Halbzeitpause – späterhin besser im Griff; erhellende Momente blieben im Graben aber eher selten, sieht man von den lyrischen Duett-Passagen ab, in denen das junge, vom auch vokal robusten Vater Ford (Markus Brück) torpedierte und wunderschön dagegen ansingende Paar Nannetta (Elbenita Kajtazi) und Fenton (Oleksiy Palchykov) ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2020
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Jürgen Otten

Weitere Beiträge
Im Innern

Ein brillanter Einfall: Um zu verdeutlichen, dass Wolfgang Rihms Kammeroper «Jakob Lenz» die schonungslose Offenlegung einer wahnumwölkten Seele thematisiert, deren fast klinisch anmutende Sektion, hat sich Regisseur Marco Štorman für seine Bremer Inszenierung von der Bühnenbildnerin Jil Bertermann ein sogenanntes anatomisches Theater bauen lassen, wie man es...

Dekonstruktion des Titans

Die quasi religiöse Beethoven-Verehrung vergangener Zeiten scheint nicht mehr en vogue, selbst in diesem Jubiläumsjahr. Bereits vor 20 Jahren stellte die FAZ im Zusammenhang mit einer Neuedition von Beethovens Briefwechsel fest, dass der «Klassiker-Kanon an normativem Druck verloren» habe, und damit auch jene «Einschüchterung durch Klassizität», gegen die Brecht...

Zukunftsfinsternis

Aktualität nicht immer nur von Seiten der Regie, sondern auch von der Musik aus anzugehen, die musikalische Dramaturgie genauso zeitgenössisch zu denken wie die theatralische, bestimmt den diesjährigen Spielplan der Oper Stuttgart. In Verdis «Don Carlos» hatte Dirigent Cornelius Meister als Appetizer die von der russischen Protestgruppe Pussy Riot angeregte...