Im Bann der Affekte
Die 1705 in Hamburg uraufgeführte «Almira» ist Händels einzige überlieferte deutschsprachige Oper, drei weitere sind verloren. Das stark dem Vorbild des vernachlässigten Reinhard Keiser verpflichtete Erstlingswerk des 19-Jährigen folgt ganz dem kosmopolitischen Stil der norddeutschen Barockoper. In bunter Folge reihen sich gereimte deutsche Rezitative und liedhaft kurze Solonummern, virtuose italienische Da-Capo-Arien und von der französischen Oper inspirierte Tableaus oder Tanzszenen aneinander.
Selbst für derbe Komik ist, ganz im Sinne der älteren venezianischen Barockoper, mit der Figur des Dieners Tabarco gesorgt. Musikalischer Höhepunkt des sich über vier Stunden entfaltenden Intrigenspiels, in dem die höfische Heiratspolitik ständig mit Liebeswirren kollidiert, ist die Kerkerszene, in der Almiras treuer Liebhaber Fernando auf seine Hinrichtung wartet. Hier kündigt sich der Musikdramatiker, der Psychologe Händel an, der das Wechselbad der Gefühle in seinen weiteren Bühnenwerken mit immer neuen melodischen Einfällen und in immer neuer instrumentaler Einkleidung ausloten wird.
Paul O’Dette und Stephen Stubbs haben die selten gespielte «Almira» 2013 beim Boston Early Music ...
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Opernwelt März 2020
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 26
von Uwe Schweikert
Die letzte Operette der Weimarer Republik – der Werbeslogan ist so richtig wie der Versuch, das erst verbotene und dann verschollene Stück endlich im Repertoire zu verankern. Die Berliner Uraufführung hatte unter Mitwirkung Richard Taubers am 20. Januar 1933 stattgefunden, nur wenige Tage darauf waren die Beteiligten ihres Lebens nicht mehr sicher. Tauber, Jaromír...
Der Tod, so hat es Vladimir Jankélévitch mit poetischer Eindrücklichkeit formuliert, gleiche einer Leere, die mitten im Leben eines Wesens aufbricht; «das Seiende, das wie durch eine wundersame Verfinsterung plötzlich unsichtbar wird, stürzt sich auf einmal durch die Falltür des Nicht-Seins.» Andererseits, so der französische Philosoph in seinem Buch «Der Tod»,...
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