Kaninchen vor Schlange
Im Programmbuch die geballte philosophische und philologische Kompetenz. Natürlich ein Stück des klugen Herrn Niccolò Machiavelli, aus seiner Hauptschrift «Il Principe»: von der Grausamkeit und der Milde und ob es besser sei, geliebt als gefürchtet zu werden. Damit ist das zentrale Thema der Oper bezeichnet. Dann Elias Canetti, Teile aus dem Kapitel «Die Macht der Verzeihung».
Und schließlich, als Speerspitze heutiger Sichtweisen, ein Essay von Slavoj Zizek («Der lächerliche Exzess der Gnade»), der die historischen Fakten und Fiktionen zu einer Melange aus moderner Mozart-Rezeption und klassischer Kapitalismuskritik vermengt.
Doch ist davon auch etwas zu sehen und zu spüren auf der Bühne, die der Regisseur Nigel Lowery für seine Lesart der Seria «La clemenza di Tito» ersonnen hat? Gern würde man an dieser Stelle davon berichten. Von Beziehungen, Bezügen oder Brechungen. Doch scheint Lowery vor dem Stoff zu stehen wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange. Unschlüssig, unsicher, zaghaft. Schon die von ihm gewählte Abstraktion des Bildes (ein großer, leerer Raum, den wild-naiv, assoziativ bemalte Wände eingrenzen und der, nur durch einen Gazevorhang getrennt, zwei Reiche ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Der Regisseur, sagte die Komponistin vor der Uraufführung, habe ihre «Unzufriedenheit» bemerkt. Sie müsse aber achtgeben, was sie über die Inszenierung sage, denn «ich will keinen Skandal». Er, das ist der 73-jährige Bühnenkünstler Achim Freyer, sie die 45-jährige, aus Korea stammende Komponistin Unsuk Chin, die Lewis Carrolls Kinderbuch für Erwachsene «Alice in...
Mit der vor zwei Jahrzehnten verwegenen These, dass Händel wie Monteverdi, Mozart und Verdi zum Kreis der herausragenden Opernkomponisten gehöre, begann Winton Dean seine Studie über Händels Opern. Sie fand ihre Bestätigung durch Dutzende Aufnahmen, die von William Christie, Alan Curtis, René Jacobs und Nicolas McGegan vorgelegt wurden. Dem Vertrauen in die Musik...
Das Thema reizt, gerade in Zeiten, da fast jede Woche Schlagzeilen über ermordete Kinder erscheinen. Doch Choreografin Sasha Waltz widersteht in ihrer zweiten Opernregie der Versuchung, dem «Mythos Medea» allzu aktuelle Bezüge zu verleihen.
Das wäre auch schwierig, reduziert doch Pascal Dusapins 1991 entstandene Oper zu Heiner Müllers «Medeamaterial» die Handlung...