Iphigenies Axt
Schwierig, diese Mythen. Wollen uns Nachgeborenen immer gleich die ganze Welt erzählen, verschweigen, verwirren. Deuten an, damit wir, die Ausdeuter, deutlich werden können – so wir wollen. Denn natürlich kann man sich naiv stellen, einen Mythos einfach abbilden, sich dann in seiner Verwirrtheit zurücklehnen; sollen andere sich bemühen, sich kümmern, sollen sie sehen, was sie damit anfangen können.
Oder: Man gibt sich versöhnlich, übergibt die Verantwortung dem Deus ex Machina, er wird es schon richten, die Versammelten ans Licht führen; lieto fine heißt der schmucke, bildungsbürgerliche Ausdruck. Und welche Gattung ließe sich besser einkleiden mit einem solchen liebreizenden Ende als die der Affirmation zuneigende Oper des Barock?
Händels Pasticcio «Orest», zusammengeflickt aus sage und schreibe neun Opern des Meisters, mit einem Libretto von Giovanni Gualberto Barlocci versehen und im Dezember 1734 zu London uraufgeführt, macht da eine kleine, erstaunliche Ausnahme. Nichts ist es mit dem behaglichen Ende, mit dem Sonnenstrahl, der alles und alle blendet. Nein, dieses Opernfragment nimmt sich qua Titelfigur jenen Iphigenie-Stoff vor, der den Mörder als Mörder belässt: Orest ...
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Die Beschäftigung mit historischen Formen der Aufführungspraxis ist seit zweihundert Jahren Gegenstand zunächst der Theatergeschichtsschreibung und Theaterwissenschaft wie gleichzeitig ihrer musikalischen Pendants. Anders als ihren von Noten lebenden Schwestern fehlten der Theaterpraxis aber ein Gustav Leonhardt und Nikolaus Harnoncourt, die die Theorie allen...
Man muss genau zuhören an diesem Abend. René Jacobs, fast möchte man schon von einem Spätstil bei ihm reden, dirigiert Monteverdis «Poppea». Es sind knapp vier Stunden von minimalistischer Wirkung. Keinerlei grobe Affekte hat Jacobs der nur als Skelett überlieferten Partitur hinzuinstrumentiert. Die Farben bleiben gedämpft, aber in sich reich, der Ton leise, aber...
Der Terror-Chef rast: Die allzu schöne Überläuferin erwies sich als lauwarm. Nichts ist’s mit der Revolution, stattdessen spielen wieder mal die Gefühle verrückt. Da hilft nur die Hinrichtung. Liebe und Tod liegen nah beieinander, aber am Ende siegt nicht die Internationale, sondern – die Musik.
Natürlich siegt sie, denn Mozart hat sie geschrieben. Aus «Zaïde», dem...