Im Innern
Ein brillanter Einfall: Um zu verdeutlichen, dass Wolfgang Rihms Kammeroper «Jakob Lenz» die schonungslose Offenlegung einer wahnumwölkten Seele thematisiert, deren fast klinisch anmutende Sektion, hat sich Regisseur Marco Štorman für seine Bremer Inszenierung von der Bühnenbildnerin Jil Bertermann ein sogenanntes anatomisches Theater bauen lassen, wie man es früher nutzte, um einem interessierten Publikum die Möglichkeit zu bieten, der Sezierung von Leichen beobachtend beizuwohnen – ein Angebot, das übrigens nicht nur von Studenten, Doktoren und Professoren, sondern auch von Höfli
ngen und Bürgern angenommen wurde. Solche medizinischen Schaubühnen können heute noch besichtigt werden, etwa in Padua und Berlin.
Die freie Nachbildung eines solchen Anatomischen Theaters steht jetzt also auf der Bühne am Goetheplatz. Ein blendend weißer amphitheatralischer Rundbau mit Platz für knapp 300 Zuschauer, die – gestaffelt in sechs ringförmigen Reihen – sitzend oder stehend aus nächster Nähe das Schicksal des Sturm-und-Drang-Dichters Jakob Michael Reinhold Lenz, seinen Weg in den Wahnsinn, verfolgen können. Gleichsam als Versuchsanordnung eines klinischen Falls im Hörsaal eines ...
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Opernwelt März 2020
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Gerhart Asche
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