Dekonstruktion des Titans
Die quasi religiöse Beethoven-Verehrung vergangener Zeiten scheint nicht mehr en vogue, selbst in diesem Jubiläumsjahr. Bereits vor 20 Jahren stellte die FAZ im Zusammenhang mit einer Neuedition von Beethovens Briefwechsel fest, dass der «Klassiker-Kanon an normativem Druck verloren» habe, und damit auch jene «Einschüchterung durch Klassizität», gegen die Brecht angegangen sei.
So wird der Komponist nicht nur beim Googeln des Epithetons «Titan» von Bayern Münchens ehemaligem Torwart Oliver Kahn von der ersten Stelle verdrängt, er sieht sich auch in vielen Publikationen kaum mehr titanenhaft dargestellt, sondern als überaus verletzlicher, im doppelten Sinne «un-ordentlicher» Mensch. Um es im Stil des Boulevard zu formulieren: Es scheint durchaus angesagt, an den Sockel des Beethoven-Denkmals zu pinkeln. Das schließt Hinweise auf die Trunksucht und hygienische Verwahrlosung des Komponisten (der ungeleerte Nachttopf unter dem Klavier!), auch Vermutungen über seine Homosexualität ein.
Sehr unterschiedlich gehen die hier besprochenen vier Publikationen mit dem Jubilar um, wobei die Bandbreite vom fundiert Musikwissenschaftlichen über die feuilletonistisch aufbereitete Biografie und ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt März 2020
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 28
von Gerhard Persché
Die 1705 in Hamburg uraufgeführte «Almira» ist Händels einzige überlieferte deutschsprachige Oper, drei weitere sind verloren. Das stark dem Vorbild des vernachlässigten Reinhard Keiser verpflichtete Erstlingswerk des 19-Jährigen folgt ganz dem kosmopolitischen Stil der norddeutschen Barockoper. In bunter Folge reihen sich gereimte deutsche Rezitative und liedhaft...
61. Jahrgang, Nr 3
Opernwelt wird herausgegeben von
Der Theaterverlag – Friedrich Berlin
ISSN 0030-3690
Best.-Nr. 752331
REDAKTION OPERNWELT
Nestorstraße 8-9, 10709 Berlin
Tel.: +49(0)30/25 44 95 55
Fax: +49(0)30/25 44 95 12
redaktion@opernwelt.de
www.opernwelt.de
REDAKTION
Jürgen Otten (V. i. S. d. P.)
Albrecht Thiemann
REDAKTIONSBÜRO
Andrea Kaiser | redaktion...
Ein gemeiner Gesell ist dieser Amor. Stiftet überall dort, wohin ihn seine Flügel tragen, komplette Verwirrung, verbandelt Menschen miteinander, die sich zuvor am liebsten die Augen ausgekratzt hätten, sorgt momentweise für erotisches Unbehagen selbst bei soignierten Damen, die ihr Herz doch eigentlich an den Mann ihrer Träume verloren zu haben schienen, und lässt...