Im Dickicht der Müllhalden
Der spanische Filmregisseur Carlos Saura drehte 1972 den Spielfilm «Ana y los
lobos» («Anna und die Wölfe»): Ein englisches Kindermädchen, gespielt von Charlie Chaplins Tochter Geraldine, kommt auf einen großbürgerlichen Familiensitz; dort gebietet eine Matriarchin über drei Söhne, schwach und ihren Obsessionen verfallen. Der eine hat ein abstruses Faible fürs Militär, der andere ist ein bigotter Masochist, der dritte, obwohl verheiratet und Vater mehrerer Kinder, ein nicht minder verklemmter Erotomane.
Diesem Horror-Bruder-Trio fällt Anna schließlich zum Opfer – sie wird von den «Wölfen» gerissen. Mit den «Wölfen» meinte Saura nichts anderes als die traditionellen «Säulen» der spanischen Gesellschaft: bourgeoise Familie, auch Großgrundbesitz, Militär und katholische Kirche – eine Trias, die nicht zuletzt die Franco-Diktatur ab 1936 zementierte und deren Würgegriff sich erst 1975, nach dem Tod des «Caudillo», lockerte.
Wer das franquistische Spanien noch kannte, wird sich erinnern, mit welcher Vehemenz das Land danach aufblühte: wie die gefürchtete Guardia Civil mit ihren schwarzen Lack-Käppis immer weniger bedrohlich in Erscheinung trat, wie von Jahr zu Jahr mehr Frauen allein auf ...
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