Hochspannung
Schon während des Vorspiels zum Prolog ist hinter einem Gazevorhang eine Albtraumszene zu erkennen: Fahles Mondlicht fällt auf eine stuckverzierte Wand, im diffusen Licht zeichnet sich eine geschwungene Treppe ab, hinten ragt die Pranke eines monströsen, echsenartigen Tieres hervor. Dann ertönt aus dem Off eine helle Evangelisten-Stimme – und aus dem Orchestergraben steigt der Tenor Matthias Stier, eine schillernde Gestalt in Schwarz, mit kinnlanger weißer Mähne.
Er bewegt sich tänzelnd, spielerisch, bleibt auch auf der Bühne, als sich die namenlose Gouvernante, die gerade noch am Rand schlief, für die Reise nach Bly rüstet, um dort einen neuen Job anzutreten. Sie kleidet sich an, doch der Sänger löst ihren Gürtel wieder und wieder, fährt ihr aggressiv erotisierend durch die Haare, scheinbar unsichtbar für sie, als sei dieser Mann die Personifizierung ihrer Selbstzweifel, ihrer Angst, ihres Zögerns.
Matthias Stier, der sich später als der untote Ex-Diener Quint entpuppt, ist in der Inszenierung der Braunschweiger Generalintendantin Dagmar Schlingmann der eigentliche (glanzvoll agierende) Regisseur des unheimlichen Geschehens, beinahe omnipräsent auf der häufig kreisenden ...
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Opernwelt März 2019
Rubrik: Panorama, Seite 36
von Regine Müller
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