Historisch falsch informiert

(Nach) Schubert: Winterreise
BASEL | THEATER

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Es gibt (Musik-)Theaterabende, da ist man wirklich ratlos. Es entsteht der Eindruck, dass sich die Beteiligten größtenteils gar keine Mühe gegeben haben; dieser Eindruck mag ungerecht  sein, doch: Er ist in der Welt. Die ganze Zeit. Eine Stunde und 40 Minuten. Tatort: Basel.

Regisseur Christof Loy und sein Team haben sich - so scheint es zumindest - gesagt: Lass uns etwas mit Schuberts «Winterreise» machen, wir haben Anne Sofie von Otter am Start! Lass uns «Oper» drüberschreiben, das lockt das Publikum an!

Hinzu kommt der renommierte Hammerklavier-Spezialist Kristian Bezuidenhout. Doch obwohl einige Male rumgetänzelt wird: Es wird kein Schuh draus. Ganz im Gegenteil. Und schon gar keine Oper. Man fühlt sich getäuscht.

Anne Sofie von Otters Stimme klingt im Piano-Bereich brüchig und zittrig; in der Mittellage drückend und gleichförmig. Und Bezuidenhout, eigentlich über alle Zweifel erhaben, arpeggiert, baut – historisch (falsch) informiert – Noten ein, lässt Noten weg; und zwar an genau den Stellen, an denen man – als Rezipient, der Schuberts Lieder in sich aufgesogen, studiert hat und liebt - es sich explizit nicht wünscht, den Sinn des Ganzen nicht spürt, nicht nacherlebt. Es ...

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Opernwelt März 2022
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Arno Lücker

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