Glück auf dem Teller
Für große Inszenierungen braucht es keine großen Bühnen. Ein Mann steht hinterm Herd, schwarzes T-Shirt, Schürze. Konzentriert schneidet er am Gemüse. Schnitt für Schnitt verwandelt er gelbe Karotten in elegante Würfel, und wie er das macht, ist ein kleines Kunststück: Jede Bewegung scheint bedächtig, fast ein chirurgischer Schnitt, aber das Ergebnis ist der Beweis für eine ungeheure Effizienz und Ästhetik. Kein Zweifel, dieser Mann ist Profi.
Der Mann ist Christoph Homberger.
Drei Jahrzehnte war er Teil des Kulturhochbetriebs,
unterwegs auf den berühmten Bühnen, als Sänger, Schauspieler, Theatererfinder und überhaupt vielseitig begabte Chamäleonfigur, über die Christoph Marthaler schreibt: «Solange ich Christoph Homberger kenne, ist er immer eine Gruppe von Hombergern gewesen.» Für die Ruhrtriennale machte er noch eine Produktion – «Sänger ohne Schatten», 2014 mit Boris Nikitin –, dann war genug. Das ständige Reisen, die Abwesenheiten von der Familie nervten ihn, das ist der eine Grund. Der andere: «Die Arbeitsbedingungen sind schwieriger geworden.» Mit Theaterhäusern, Managern, Regisseuren, und: «Ich habe Dirigenten erlebt, die nicht einmal einen Dreivierteltakt verständlich ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Magazin, Seite 82
von Clemens Prokop
Der Avantgarde der 50er- und 60er-Jahre waren Emotionen, Inhalte, Bildlichkeit eher suspekt: Symptome einer ästhetisch wie politisch korrumpierten Nachromantik. Struktur hieß das neue Zauberwort. Wertfrei, pure Materialorganisation sollte Musik sein, jegliche Assoziation an Tradition galt als verwerflich. In Darmstadt oder Donaueschingen wurde denn auch Hans Werner...
Der langen Reihe seiner Romanbiografien über Dichter und Komponisten des 19. Jahrhunderts hat Peter Härtling ein schmales Buch über Verdi hinzugefügt. Auch diesmal geht es ihm nicht um sachliche Lebensbeschreibung, sondern um deren literarische Anverwandlung, für die er sich die Bausteine aus Verdis Leben herausbricht.
Er setzt ein mit der Verunsicherung Verdis, der...
Das Streichersextett spielt die ersten Akkorde, da zerreißt ein Heulton den kammermusikalischen Wohlklang. Fliegeralarm, wie üblich. Die Musiker tragen ihre Geigen und Celli gelassen Richtung Bunker, der Hausdiener klappt routiniert den Deckel des Spinetts zu und wartet die Bomben ab. Wir befinden uns im Jahr 1942, zur Zeit der Uraufführung von Richard Strauss’...
