Glosse: Kinder, zieht euch um!
Es war Sommer in Bayreuth, es war heiß, und man wusste: Die sechsstündige «Götterdämmerung» würde wohl doch eher eine Menschendämmerung sein, oder besser: eine Menschenkörpererwei- chung durch fortwährende Schweißausbrüche. Inhaberinnen und Inhaber eines gut funktionierenden Deos mochten im Vorteil sein, ihre Ausdünstungen würden sich als weniger schlimm erweisen als die derjenigen, die immer noch glaubten, der angeborene Duft eines Menschen sei selbst bei größter Hitze kein Problem.
So schwitzte das Publikum also mehr oder weniger angenehm für die Sitznachbarn vor sich hin, während Gutrune, Gunther und der fiese Hagen ihr schlimmes Werk in Gang setzten. Doch einen Trost gab es, nein: eine Sehenswürdigkeit. Nämlich jenen Kollegen, der in Berlin zu jeder Opernpremiere in einer roten Jeansjacke, offenem Hemd und abgewetzten Schuhen erschien, so als habe er sich im Ort geirrt, und die geringschätzigen Blicke etlicher feingekleideter Damen und Herren auf sich zog. Nun aber, im auf 35 Grad erwärmten Festspielhaus, begab sich das Unfassbare: Der Kollege hatte sich verwandelt. Er trug einen Anzug. Zwar ohne Krawatte. Aber einen Anzug.
Kleider machen Leute, heißt es im Volksmund. Während ...
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Opernwelt 8 2022
Rubrik: Magazin, Seite 77
von Jürgen Otten
DEUTSCHLAND
Annaberg-Buchholz Winterstein-Theater
Tel. 03733/140 71 31 service@winterstein-theater.de www.winterstein-theater.de
- Hild, Neues vom Räuber Hotzenplotz: 9., 14., 17., 22., 28. (Natürbühne Greifensteine)
- Lippa, The Addams Family: 12., 20., 26. (Natürbühne Greifensteine) - Zeller, Der Vogelhändler: 18. (Naturbühne Greifensteine)
Bayreuth Richard...
Graz gilt als italienischste Stadt Österreichs und lockt mit pittoreskem Barock, einigen Perlen modernster Architektur, südlichem Flair und Lebensart. Seit 1985 zählt die alljährlich stattfindende Styriarte zu den Säulen des reichen Kulturlebens in der steiermärkischen Kapitale; prägende Figur des Festivals war lange der in Graz aufgewachsene Nikolaus Harnoncourt....
Der Ort ist überwältigend, die reine Natur: unberührt-malerische Landschaft. Das Gebäude hingegen wirkt wie ein Fremdkörper in diesem Idyll, geradezu abstoßend hässlich. Ein schwarzer, mit Bauxit überzogener Betonklotz, Sprayer haben ihre Graffiti-Spuren darauf hinterlassen, und wenn man sich ihm mit tastenden Schritten über die Hügel von Bouches-du-Rhône nähert,...
