Glitzernd, durchlöchert
Aus den spiegelglatten Wassern des Planeten Solaris ragt eine zerschossene, bröckelnde Teleskopschale empor. Zu den ersten tastenden Klängen von Detlev Glanerts «Solaris» erhebt sich darin ein Mann und gibt sich die Todesspritze. Dieser (nicht singende) Gibarian ist das erste Opfer auf der Raumstation, auf der sich nicht nur Forscher und Abenteurer tummeln, sondern auch ihre personifizierten Triebe und Schuldkomplexe: tierartige Wesen, geile Zimmermädchen, Muttertiere.
Selbst der Besucher von außen, ein Forscher mit dem amerikanisch-schnittigen Namen Kris Kelvin (Nikolay Borchev mit sonorem Bariton und problematischer Diktion), begegnet nach einiger Zeit dem unbewältigten Problem seiner Vergangenheit in Gestalt seiner Frau Harey (als Typ und sängerisch ein Glücksfall: die nordirische Sopranistin Aoife Miskelly), die vor Jahren Selbstmord beging. So entspinnt sich ein Liebesgeflüster im Orbit, das wie alle Gefühle und Begegnungen auf dem «intelligenten» Planeten zum Scheitern verurteilt ist.
Auf diesen Handlungskern haben Detlev Glanert und sein vor Kurzem verstorbener Librettist Reinhard Palm Stanisław Lems Roman «Solaris» eingedampft. Vor zwei Jahren wurde die Oper in Bregenz ...
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Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Michael Struck-Schloen
Wenn Oper in der Oper zitiert wird, ist das meist Ausdruck von Komik. Hans Krása setzte noch eins drauf. Wenn er im Finale des ersten Akts seines Bühnenwerks «Verlobung im Traum» das Mädchen Sina «Casta Diva» aus Bellinis «Norma» anstimmen lässt und die Arie sich in verbaler und musikalischer Polyphonie verfängt, ist das ein virtuoses Doppelspiel mit Komik und...
Er atmet schwer, der alte Mann. Einen weißen Leinenanzug hat er angelegt. Als werde es bald Frühling oder Sommer in seinem leeren Lebensabendbunker. Schlurft hierhin, dorthin, hält inne, horcht und blinzelt, ob sich was regt im Halbdunkel zwischen den anthrazitgrauen Wänden. Aber es bleibt still. Kein Laut, nirgends. Nicht mal der schüttere Herbstlaubregen, der aus...
Unterwegs in Londons «Tube» – nach der Premiere von Mozarts «Idomeneo» an Covent Garden – bleibt unser Blick zufällig an einem kuriosen Plakat hängen, einer Werbung der «London Sperm Bank». Wie Pappkameraden sind die Silhouetten von Männern aufgereiht, jeder mit einem Label: teacher, actor, model, lawyer etc. Samenspender zum Ankreuzen; Nachwuchs-Design ohne...
