Gladiatorenschurz und Clownsnase
Vor 75 Jahren, ein Jahr nach Ende des Zweiten Weltkriegs, ließen im Sommer einige Kulturhungrige am Bodensee nahe dem Ufer in Ermangelung einer intakten Spielstätte zwei Kieskähne zusammenspannen: Auf dem einen saß das Orchester, auf dem anderen agierten Sänger und Tänzer, gegeben wurden Wolfgang Amadé Mozarts Schäferspiel «Bastien und Bastienne» sowie als Ballett die «Kleine Nachtmusik». Aus der schnurrig-improvisierten Idee entwickelte sich ein besucherstarkes Opernfestival: die Bregenzer Festspiele mit weltweit größter Seebühne.
Nach dem Ausfall durch die Pandemie im vergangenen Jahr schien nun 2021 alles wie in den Jahrzehnten zuvor. Zur Eröffnung Bundespräsident, Kanzler und österreichische Provinzpolitiker, dichtgedrängt Smoking, dezente Tracht, auch mal ein langes Kleid. Die niedrigen Infektionszahlen machten es in Österreich möglich. Volle Säle und damit in der Vorarlberger Landeshauptstadt 1.700 Zuschauer im Festspielhaus und knapp 7.000 unter freiem Himmel. Ohne Maske. Lediglich geimpft, genesen oder getestet musste das Publikum sein; die Kontrolle der Nachweise ging zügig und weniger nervenzerfetzend als offenbar an anderen Orten vonstatten.
Die bald nach der Eröffnung ...
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Opernwelt September/Oktober 2021
Rubrik: Festspiele Bregenz, Seite 28
von Götz Thieme
«Di Lete all’altra sponda, ombra compagna anch’io voglio venir con te», sehnt sich Andromeda am Leichnam des Perseus. Es ist die unauslöschliche Hoffnung eines Menschen, dem das Liebste genommen wurde: dass der Abschied nicht endgültig sei, dass es vielmehr gestattet werde, den Heimgegangenen als Schatten zum anderen Ufer der Lethe zu begleiten. Lisette Oropesa hat...
«Allons gay gayment», «Auf geht's fröhlich», beginnt die Sängerrunde mit einer Chanson von Claude Le Jeune. Und klar: Wir folgen auch diesmal gern, wenn William Christie mit seinen Les Arts Florissants in der nun schon dritten CD die Kunst der Airs de cour erkundet, die als höfische Liedform Frankreich von der zweiten Hälfte des 16. bis zur Mitte des 17....
Robert Wilson
Damals, im Sommer 1976, geschah der Musiktheater-Umsturz: Robert Wilson, 34-jähriger Texaner, präsentierte in Old Europe eine Kreation mit dem rätselhaft absurden Titel «Einstein on the Beach», die Minimal Music dazu lieferte der Amerikaner Philip Glass. Das Stück hatte von Avignon aus Furore gemacht, mit Gastspielen in einigen Theatermetropolen....