Geometrie der Liebe

Mozart-Exegesen: «Così fan tutte» als Tanztheater aus Paris und als Legende aus München, «Lucio Silla» szenisch museal aus Mailand

Opernwelt - Logo

So machen’s nicht alle, aber viele. Und natürlich nicht nur Frauen, weswegen der Titel «Così fan tutte» als genderpolitisch heikel gilt. Aber auch «Così fan tutti» würde nicht jede(n) befriedigen, ist doch das «i», das für alle Menschen steht, männlich. Eine Diskussion darüber wäre freilich heute obsolet, denn «Così» spiegelt, wie der Regisseur Joachim Herz einmal feststellte, Gefühle und Verhaltensweisen des 18. Jahrhunderts: die Sprache ist jene Metastasios, wenn auch oft parodiert, und die Situationen folgen Rokoko-Klischees.

Dass es sich bei dem Arrangement zwischen Ferrando, Guglielmo und Don Alfonso um eine typische Pissoir-Wette unter Machos handelt, die immer möglich ist, kann nicht darüber hinwegtäuschen.

Wie dem auch sei: Die Choreografin Anne Teresa De Keersmaeker – die als «belgische Pina Bausch» anzusprechen angeblich nur Lebensmüde wagen – hat sich wie ihr deutsches Äquivalent aufs Panier geschrieben, die Genderverhältnisse geradezurücken. Auch in ihrer Pariser Exegese von Mozarts Oper der (Ver-)Tauscherotik. Ein weißer, beinahe aseptischer Raum, geometrisch strukturiert durch Kreise, Spiralen und Pentagramme, der in reizvollem Kontrast zum Auditorium des Palais ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 28
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Editorial Mai 2018

Schauplatz der Irritationen: die Oper Köln. Wieder einmal. Zwei Tage vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe schlagzeilte der «Kölner Stadt-Anzeiger»: «Ende der Harmonie – Zerwürfnis zwischen Intendantin Birgit Meyer und Generalmusikdirektor François-Xavier Roth». Roth habe, berichtet das Blatt, im Zuge der Verhandlungen um eine Verlängerung seines im Sommer 2020...

Mann der Widersprüche

Wolfgang Borchert, der Literat der Stunde, formulierte es so: «Wir sind die Generation ohne Bindung und ohne Tiefe. Unsere Tiefe ist der Abgrund.» Borchert war 1921 geboren und traf unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg den Nerv der Zeit; «Trümmerliteratur» hat man das später genannt. «Draußen vor der Tür» heißt sein einziges Schauspiel, und es umreißt ein...

Irre Typen, bittere Pillen

Donizettis «Don Pasquale» ist eine überraschende Wahl des Regie-Duos Jossi Wieler/Sergio Morabito für ihre vorletzte gemeinsame Arbeit, ehe sie am Saisonende die Oper Stuttgart verlassen. Die Farce vom heiratswütigen Alten und der jungen, ihn übertölpelnden Frau spielt zwar mit den Versatzstücken der italienischen Buffa-Tradition, polt sie aber um: Aus der...