Geliebte Feinde
Lior Navok assoziiert mit «Fluss» nicht Lethe, sondern Ähnliches wie Henze in «Wir erreichen den Fluss» (1975) – eine symbolhafte Grenze von Lebenssphären.
Sehr viel konkreter bezeichnet der israelische Komponist (Jahrgang 1971) den Fluss überdies als das trennende und verbindende Element zweier verfeindeter Völker (mit dem von beiden Seiten begehrten Wasser), und sein selbstverfasstes, kluges Libretto lässt keinen Zweifel, dass es sich dabei um Israel und die Palästinenser handelt – die Inszenierung von Corinna Tetzel im Bockenheimer Depot (der Zweit-Spielstätte der Oper Frankfurt) verdeutlicht das in vielen Details unmissverständlich. Man kann Navoks Stück als engagierte, fast verzweifelnde Stimme eines «anderen», auf Verständigung und Frieden drängenden Israel lesen. In diesem Sinn hinterließ es einen starken Eindruck. Ein Rezept zur Lösung des Konfliktes kann es natürlich nicht bieten. «Miteinander reden» – die Habermas-Formel ist nie falsch. Doch ist Navok gleichzeitig dem latenten Kriegszustand nahe genug, um so etwas wie Ausweglosigkeit zu spüren. Die Hoffnung auf eine aufgeklärte Jugend (gerade sie verlässt realiter massenhaft die Region) bekommt etwas beinahe Utopisch-Illusionäres. In der Oper behalten die Fanatiker, die auf die Ausschließlichkeit ihrer Gottes- und Welterklärung pochen, das letzte Wort. ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Hans-Klaus Jungheinrich
Jeder weiß, was gespielt wird. Von Anfang an. Und es sieht schwer danach aus, dass in dem braunschwarz furnierten Wohnregal, das Herbert Murauer auf die Bühne der Stuttgarter Oper gewuchtet hat, nicht die erste Swinger-Übung läuft. Was die drei Damen und die drei Herren schon so alles ausprobiert haben, wenn sich der Vorhang quietschend für das nächste Abenteuer...
Ein seltsames Schauspiel bietet sich dem Amazonas-Schiffer vor Manaus: Durchaus im gleichen, weiten Bett, aber mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fließen der braune, träge, warme Amazonas und der behändere, dunkelkühle Rio Negro nebeneinander her, bis sie sich nach etwa dreißig Kilometern dann doch zusammentun.
Ob Ermanno Wolf-Ferrari je in der brasilianischen...
Ein wenig ungalant ist es schon, aber sie provoziert eine solche Teilung der Karriere ja selbst – in eine «alte» Cecilia Bartoli und in eine «neue». Und das Beste ist: Beide begegnen einem innerhalb von nur 24 Stunden auch noch am selben Ort, in Salzburgs Haus für Mozart. Die frühere, der Koloraturenspringball, die Sängerin, die irrsinnigen Spaß am Zierrat hat, an...
