Gefangen
Assoziativ verbindet man mit dem Vornamen Karl zunächst einmal Großes. Doch auch das Widerspiel ist möglich. Etwa beim von Helmut Qualtinger so grandios gezeichneten Präzedenzfall aller Opportunisten, dem Herrn Karl, einem begnadeten Teilhabeverweigerer, der sich stets, wenn er Unglücks ansichtig wird (und sehr aktuell), mit «Karl, du bist es nicht …» aus der Affäre zieht. Der historische Don Carlos soll ebenfalls kein Held gewesen sein, sondern eher ein Kretin. Hingegen ist Schillers Dom Karlos Revolutionär, Freigeist und Empathist, ehe seine Liebe zu Elisabeth alles überschattet.
Dass er in Jetske Mijnssens Grazer Inszenierung von Verdis «Don Carlo» in seiner Agilität zuweilen begrenzt scheint, ist dem Ambiente geschuldet, in dem er sich aufzuhalten gezwungen ist. Auch wenn Mykhailo Malafii sein Möglichstes gibt.
Verschiebbare Wände, getäfeltes Holz, sich ineinanderdrängend zu Räumen, die oft eher Klosterzellen gleichen, unentrinnbar für jene, die darin leben müssen. Kerkerhaft für die Seelen. «Es kämpft jeder seine Schlacht allein», lässt Schiller eine seiner Bühnenfiguren sagen. Und nein, es ist nicht Dom Karlos – sondern Lionel in «Die Jungfrau von Orleans». Aber der Satz ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Gerhard Persché
Draußen vor der Tür lockt die Freiheit, drinnen im Saal das pure Verlangen. Draußen blickt uns von zwei zehn Quadratmeter großen Bannern herab eine kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das Eau de Parfum «Libre» eines renommierten Duftproduzenten, drinnen im Saal schaut uns eine alles andere als kühl-unantastbare Schönheit an und wirbt für das (fiktive) Eau...
Der Frankenstein-Stoff ist derzeit schwer en vogue: In der Nebenspielstätte «Tischlerei» der Deutschen Oper Berlin kam 2018 Gordon Kampes collageartiges Musiktheater zur Uraufführung, kurz darauf folgte auf Kampnagel (als Auftragskomposition der Hamburgischen Staatsoper) Jan Dvořáks Version, basierend auf einer Schauspielmusik, die er 2014 für das Theater Basel...
Alle Beschränkung beglückt», vermerkte Arthur Schopenhauer. Er tat dies in Hinsicht auf seine Erkenntnistheorie, nicht auf den von Arnold Schönberg geschaffenen «Verein für musikalische Privataufführungen». Doch im geschärften Blick auf das Wesentliche mögen sich gemeinsame Glücksmomente ergeben – etwa in der musikalischen Bearbeitung, die Schönberg Gustav Mahlers...
