Ganz schön frostig
Schweres Blei, Quecksilber, zerstoßenes Kirchenfenster-Glas, ein Luchs- und ein Wiedehopf-Auge: Es gibt gewiss schmackhaftere Eintöpfe. Max trinkt das Gebräu aus einem Messkelch – und erbricht sich sodann. Sechsmal macht es pling in einer Metallschale, es sind die Freikugeln, die er hervorwürgt. Den siebten Schluck für die letzte Kugel genehmigt sich Kaspar, er kennt das Abendmahl in der Wolfsschlucht ja zur Genüge.
Die ist hier ungewöhnlich groß. Einmal pro Saison leistet sich das Salzburger Landestheater die Felsenreitschule als Spielort.
Für den «Freischütz» hätten sich Regissseur Johannes Reitmeier und Bühnenbildner Thomas Dörfler nach Belieben austoben dürfen. Allein, sie tun es nicht. Ein Steg überspannt alles, eine Wendeltreppe führt aus der obersten Arkade hinunter. Und überall sieht man Zielscheiben, die größte ist mit konzentrischen Schwarz-Weiß-Kreisen auf den Boden gemalt. Viele Fallen bietet Webers heute beinahe uninszenierbare Oper. Reitmeier entgeht dem Betulichkeitsalarm, indem er alles herunterkühlt. Der fast ständig präsente Samiel in Lack, Leder und rotem Kunstpelz bedroht hier Max und seine Lebensliebe (Georg Clementi kostet das mit aasigem Charme aus). Und auch ...
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Opernwelt Dezember 2024
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Markus Thiel
Skandal! In großen Lettern stand das Wort im Raum, seit eine Zürcher Sonntagszeitung ans Licht gebracht hatte, dass am Opernhaus Zürich vor der Premiere von Alfred Schnittkes Oper «Leben mit einem Idioten» massiv in Libretto und Partitur des Stücks eingegriffen worden sei. Der Schuldige war rasch ausgemacht, es war der Regisseur Kirill Serebrennikov, der dafür...
Tutto nel mondo è burla? Was, zumindest in Teilen, für Verdis weisen «Falstaff» gilt, trifft auf die meisten veristischen Opern, die danach komponiert wurden, kaum zu. Das Leben ist kein Vergnügen, es ist Kampf und Krampf, zuweilen zorndurchglüht und zynisch, kurz: eine existenzielle Erfahrung und nicht immer die allerbeste. Das Lachen dient nur als Fassade für die...
Die Dämonen sind da. Oben und unten. Oben, von den Rängen, erschallen aus verborgenen Lautsprechern die (sechs) Stimmen derjenigen, deren einziges Ziel es ist, wilde Spekulationen zu verbreiten, und ihn, den Virtuosen, an den Pranger zu stellen. Unten, aus den Lamellen zur Linken wie zur Rechten sowie von der Hinterbühne, fliegen Tänzerinnen und Tänzer als seine...