Familienübel
Gut, wenn man Verwandtschaft hat! Engelbert Humperdinck wäre aus seiner Schaffenskrise vielleicht nie herausgekommen, hätte seine Schwester nicht Vertonungen ihrer Liedtexte benötigt: Ein Puppenspiel wollte sie einstudieren, «Hänsel und Gretel», nur für den Hausgebrauch. Humperdinck machte gleich eine abendfüllende Oper daraus, Schwager und Vater stiegen in die Textproduktion mit ein. Als «Familienübel» sei seine Märchenoper entstanden, schrieb der Komponist später im Scherz.
Am Theater Hof hat Hinrich Horstkotte diesen Aspekt der Entstehungsgeschichte nun aufgegriffen – und eine Neuinszenierung vorgelegt, die sich um die liebe Sippe dreht. Für die Handlungsebene wählt der Berliner einen familienanalytischen Ansatz: Realität und Traumwelt führt er zusammen, Mutter und Hexe sind mit derselben Sängerin besetzt. Indem die Kinder die Hexe überwinden, lösen sie sich zugleich vom mütterlichen Einfluss. Neu ist diese Idee nicht. Horstkotte fügt ihr aber Neues hinzu, indem er den Emanzipationsprozess zugleich schlüssig aus Humperdincks Biografie deutet. Denn auch der Komponist musste sich lösen – von Richard Wagner, dem er einst in Bayreuth assistiert hatte. Vom großen Vorbild lernte ...
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Opernwelt Mai 2016
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Eva Kröner
Energie, die mit Farbe nach dem Leben greift: Der Bühnenraum ist voller Scheiben, aufgehängt wie vertikale Perlenketten in geometrischem Raster. Ihr Kolorit changiert, passt sich Ebbe und Flut der Musik an. Links ein wirrer, struwwelbärtiger Mann, die Beine in enormen Klötzen. Ein wenig erinnert er uns an Fafner. Oder an Rübezahl. Er scheint in Gedanken versponnen,...
Es ist das alte Lied. Als die Salzburger Festspiele im August 2000 Kaija Saariahos erste Oper auf die Bühne brachten, kochte eine kapitale Kontroverse hoch. Als esoterischen Klangkitsch kanzelten nicht wenige Beobachter «L’Amour de loin» ab, als kunstgewerbliches Machwerk über den Topos der verbotenen Liebe in mittelalterlicher Troubadour-Lyrik, das wie eine...
Das also ist das Elysium. Diese knallbunte Skulptur, die ein bisschen nach kunstvoll zusammengedrückten Pappstreifen aussieht. Ein Dichterhimmel wohl: Choristen lümmeln darauf, durch Sonnenbrillen lesend. Sonst sieht nicht viel nach Star-Architektur aus im neuen «Orfeo» der Berliner Staatsoper – und das ist auch besser so. Nichts gegen das Gefältel. Aber sollte ein...
