Emotionale Kraftfelder
Der Umgang mit den sechs bruchstückhaft überlieferten Opern ist die heikelste Frage, die sich der Vivaldi-Edition des Labels Naïve stellt.
Soll man nur die erhaltenen Teile einspielen und es bei Fragmenten belassen? Oder doch die verloren gegangenen Arien durch «Leihgaben» aus anderen Werken Vivaldis ergänzen, so wie es beispielsweise Jean-Claude Malgoire in seiner Version des «Catone in Utica» getan hat? Letzteres ist theoretisch leicht möglich, da die Textbücher erhalten geblieben sind und das Œuvre Vivaldis einen hinreichend großen Fundus von metrisch und atmosphärisch passender Musik für die jeweils passende Situation bereithält. Einen Fundus, der in den letzten Jahren noch einmal ein gutes Stück gewachsen ist. Das vor knapp zehn Jahren gestartete Mammut-Projekt, alle gut 450 in der Turiner Nationalbibliothek befindlichen Autografen auf CD einzuspielen, hat eine Vivaldi-Goldgräberstimmung in vielen Bibliotheken Europas ausgelöst, die immer wieder zu Neuentdeckungen führt: Kantaten, Konzerte oder auch mittlerweile über 50 Arien, die in den Sammelalben musikaffiner Aristokraten die Zeit überdauert haben.
Insoweit ist verständlich, dass sich Rinaldo Alessandrini bei seiner ...
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