Killmayer: Sommersneige – Summer's End Wergo 7351 2 (CD); AD: 2016

Einzelgänger

Lieder von Wilhelm Killmayer, Chorwerke und Gesangszyklen von György Kurtág

Opernwelt - Logo

Der im August 2017, einen Tag vor seinem 90. Geburtstag, verstorbene Wilhelm Killmayer war für die Avantgardisten in Darmstadt und anderswo lange der Fortschrittsfeind Nummer eins; seine mit klugen Argumenten untermauerte Skepsis gegenüber dem materialbezogenen Fortschrittsdenken machte ihn in ihren Augen zum einem störrischen Grantler aus dem fernen Bayern, der sich quer zum Zeitgeist stellte.

Seine Klavierlieder aus den Jahren 1983-96 auf Texte von Hölderlin, Eichendorff und Trakl – die letzten beiden liegen nun als Ersteinspielung vor – sind zwar bereits in der grenzenlos toleranten Hochphase der Postmoderne entstanden, doch zeigt sich hier das einstige Provokationspotenzial seiner Musik noch einmal in aller Deutlichkeit.

Die romantische Welt Eichendorffs wird mit syllabisch einfacher Diktion und einer minimalistischen Klavierbegleitung beschworen, die vielen Pausen dienen als Resonanzraum für das gesungene Wort. Vor verbrauchten Begleitfiguren scheute Killmayer ebenso wenig zurück wie vor Dreiklängen. Diese sind allerdings aus dem Funktionszusammenhang der traditionellen Harmonik herausgelöst und entfalten ein farblich-emotionales Eigenleben in Gestalt einer unsentimentalen, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 26
von Max Nyffeler

Weitere Beiträge
Alles ist Wald auf Erden

Von den vielen Bäumen, die ein Opernregisseur im dritten Akt auf seine «Falstaff»-Bühne stellen könnte, interessiert uns heute, im Fall von Christoph Waltz, erst einmal sein eigener: sein Stammbaum. Man kennt diesen wunderbaren, doppelt Oscar-prämierten Schauspieler ja von vielen Produktionen, aber dass er auch als Opernregisseur tätig ist, wissen nur wenige. Und...

Triangulum in musica

Kaum hörbar, vom Blech beinahe verblasen, spielt die Harfe im vorletzten Takt der «Lulu» dreimal das Intervall H-F. Ein musikalisches Vexierbild, für Alban Bergs Ehefrau Helene indes kaum rätselhaft: H(anna) F(uchs-Robbetin), Franz Werfels Schwester, war ab 1925 Ziel einer sich verzehrenden Liebe ihres Mannes. Und wohl auch Vorbild für Albans Sichtweise auf Lulu....

Schwebende Eleganz

Es war ein Amerikaner, der die tragédies lyriques des Sonnenkönigteams Jean-Baptiste Lully und Phi­lippe Quinault vor drei Jahrzehnten wieder auf die Tagesordnung setzte. Erst die von William Christie zum 300. Todestag Lullys betriebene Wiederentdeckung des «Atys» (1676) gab den Anstoß, auch seine anderen für Versailles verfassten Bühnenwerke vom Archivstaub zu...