Ein Wunder namens Märchen

«Aschenbrödels Traum» von Martina Eisenreich

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Lange hatte Johann Strauß (Sohn) schon keinen großen Bühnenerfolg mehr zustande gebracht, da sollte ein großes Handlungsballett die Wende einleiten. Die sensationelle Ankündigung wurde 1898 mit der Ausschreibung eines Autorenwettbewerbs zum Libretto in der Zeitschrift «Die Waage» verbreitet. Ein Novum und ein echter Coup: Schließlich hatte sich der Komponist seit Jahren öffentlichkeitswirksam darüber beklagt, dass es ihm chronisch an interessanten theatralischen Grundlagen mangele.

Rund 700 Einreichungen galt es zu bewältigen, die eine Jury unter Vorsitz von Hofoperndirektor Gustav Mahler und Starkritiker Eduard Hanslick beurteilte. Am Ende fiel die Wahl auf das Manuskript «Aschenbrödel», das unter dem Pseudonym Albert Kollmann eingereicht worden war. Johann Strauß begann rasch damit, Skizzen zum Ballett anzufertigen, doch der Walzerkönig war schon zu krank, um das Werk wirklich auszuarbeiten, und starb wenig später. Josef Bayer, Direktor des Wiener Hofopernballetts, vollendete «Aschenbrödel», doch Gustav Mahler lehnte die Uraufführung ab. Das ist die historische Ausgangslage zu Strauß’ «Aschenbrödel», aus der nun zwei Künstler neue Funken schlagen, die über den Kinofilm zur ...

Das «unmögliche Kunstwerk» Oper lebt, allen Unkenrufen zum Trotz. Als Beleg mögen abseits der Pflege des kanonischen Repertoires auch und vor allem jene Stücke dienen, die sich mit der Tradition der Gattung auseinandersetzen, dabei aber neue Wege beschreiten. Um solche Werke des Musiktheaters soll es in dieser Rubrik gehen: um Uraufführungen, in denen neue Narrative kreiert werden und die Form selbst auf dem Prüfstand steht, zugleich aber auch jene Rezeption befragt wird, die sich mit der Wiederholung überlieferter Deutungsmuster begnügt. Zu Wort kommen Komponistinnen und Komponisten, Dramaturginnen und Dramaturgen sowie Dirigentinnen und Dirigenten.

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Opernwelt November 2025
Rubrik: Magazin, Seite 79
von Thomas Höft

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