Ein Lehrstück
Dass Mozarts «Zauberflöte» mit ihren extremen Widersprüchen der Figuren, den heftigen Kontrasten und abrupten Wechseln ihrer Handlung wie ihrer auch musikalisch hybriden Künstlichkeit nicht die Vollendung, sondern das Ende der Aufklärung bedeutet, ist das Fazit in Laurenz Lüttekens jüngst erschienenem Buch über die bei Jung und Alt populäre Oper. Für ihn stellt sie keine Utopie, gar ein weihevolles Mysterium, sondern eine Dystopie dar, die mit irritierender Direktheit enthüllt, dass die Zeit aus den Fugen geht.
Auf der Bühne ist diese Dekonstruktion nicht neu. Schon Dietrich Hilsdorf, Peter Konwitschny und andere haben hinter die schöne Idealwelt von Sarastros Priesterstaat ein großes Fragezeichen gesetzt. Magdalena Fuchsberger in ihrer Essener Neuinszenierung zielt entschieden weiter. Kompromisslos radikal verabschiedet sie das Bild vom harmlos-naiven Märchen und enthüllt ein Brecht’sches Lehrstück, nämlich wie die Welt nicht sein soll. An dessen Ende löst die Polizei die wüste Sektenorgie auf – am Premierenabend Anlass zu einem wütenden Publikumsprotest gegen das Regie-Team, dem sich die Lokalpresse genüsslich anschloss.
Pamina, Papagena, Papageno und Tamino sind ...
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Opernwelt November 2024
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Uwe Schweikert
Da sitzen sie also, die beiden Alten, am Ende der «Götterdämmerung», jeweils an den Stirnseiten der langen Tafel, einem Kernrequisit des neuen Basler «Rings». Zwischen ihnen nur der verfluchte Reif. So nicht alles täuscht, hat die Regie jenen letzten Ausruf in der Tetralogie «Zurück vom Ring» zuvor nicht Hagen, sondern Wotan singen lassen. Will heißen: Keiner hat...
Extraordinär
Im Grunde hatte sie keine Wahl. Beide Eltern waren Künstler, der Vater Opernregisseur, die Mutter Sängerin. Anna Prohaska folgte ihren Spuren und traf damit eine goldrichtige Entscheidung. Doch nicht die großen Partien sind die Domäne dieser Ausnahmekünstlerin, sondern ausgesuchte Rollenporträts und klug ersonnene Konzeptalben. Auf beiden Gebieten ist...
Der Teufel trägt Trenchcoat, beigefarben, darunter ähnlich getönten, ziemlich edlen Zwirn, einen Anzug samt Hemd und Weste; auf der Nase sitzt eine modische Brille. Könnte, so elegant, wie ihn Kostümbildnerin Julia Rösler eingekleidet hat, durchaus ein feiner Herr sein, doch ebensogut würde der grandios spielende und extrem variabel singende Krzszytof Bączyk als...