Editorial Juli 2021
Der Witz ist alt, aber nach wie vor gut, und er geht so: Drei Herren sitzen droben auf der Himmelswiese lorbeerumkränzt beieinander und debattieren darüber, wer von ihnen zu Lebzeiten der größte Dirigent aller Zeiten gewesen sei. Als Erster führt Karl Böhm das Wort. Und erzählt den beiden anderen eine staunenswerte Geschichte: Gott höchstselbst sei ihm im Traum erschienen und habe ihm bedeutet, er, also Karl, sei der größte Dirigent aller Zeiten. «Seltsam», erwidert da Leonard Bernstein.
Er habe exakt denselben Traum gehabt, allerdings mit dem Unterschied, dass ihm der liebe Gott gesagt habe, er allein, also Lenny, verdiene die Auszeichnung. Eine Weile herrscht Schweigen, dann erhebt Herbert von Karajan machtvoll-dröhnend seine Stimme: «Sie irren, meine Herren. Ich habe nichts dergleichen gesagt.»
Es ist noch gar nicht so lange her, da galten Dirigenten in der Tat als Titanen des Taktstocks, als unantastbare «Herrscher der Welt» (Elias Canetti). In den letzten Jahren aber hat, zum Glück für uns alle, ein Umdenken eingesetzt. Nicht länger gilt der Mann am Pult (und, Gott sei’s geklagt, zu gering ist die Zahl der Frauen, die dort eine wichtige Rolle spielen, als dass man sie schon ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Jürgen Otten
Nicht Kaiser und nicht König will ich sein, aber so dastehen und dirigieren.» Das soll der neunjährige Richard Wagner gerufen haben, als er Carl Maria von Weber am Pult der Dresdner Oper erlebte. Hätte Wagner in den modern times wählen müssen, so hätte er keinen besseren Darsteller für die Rolle finden können als Riccardo Muti. Das Bild oder besser: jene Imago des...
Ein Stimmwechsel sei auch bei einer Frau möglich, kalauerte einmal der österreichische Kabarettist Maxi Böhm – wenn sie nämlich dem Tenor den Laufpass gebe und sich dem Bariton zuwende ... Auf der Bühne läuft es indes meist umgekehrt; da fliegen die Herzen den Tenören zu, während die Baritone der Handlung das Gift von Eifersucht und Mordlust einträufeln. So richtig...
Frau Hesse von den Steinen, wenn wir Friedrich Nietzsche Glauben schenken wollen, ist der Einsamste der Stärkste. Die von Ihnen mitbegründete Initiative «krea(K)tiv» scheint aber für das genaue Gegenteil zu stehen ...
Richtig! Denn wenn wir dem österreichischen Kabarettisten Werner Schneyder glauben wollen, ist Einsamkeit die Belästigung durch sich selbst. Ich...
