Editorial
Endlich einmal sagt es einer. So einfach, wie er es sagt, ist es zwar nicht. Aber immerhin. Während der Bayreuther Festspiele 2010 gab Jonas Kaufmann, der als Lohengrin dort einen großen persönlichen Erfolg feierte, der Deutschen Presseagentur ein Interview. Darin nahm er seine Kollegen in Schutz und meinte, es gebe «keine Krise des Wagner-Gesangs»: «Das Geheimnis ist, sich nicht nur auf das Wagner-Fach zu konzentrieren.» Eigentlich eine Binsenweisheit.
Warum ist es so schwer, sie auf dem aktuellen Sängermarkt umzusetzen? Lilli Lehmann sang einst Isolde und Violetta, Carmen und Donna Anna. Heute unvorstellbar? Jonas Kaufmann hat es leicht. Er ist Tenor und Star. Er hat seine Plattenfirma und seine Aura. Er singt, was er will und wie oft er will. Auf weniger berühmten Sängern lastet der Druck der Marktmechanismen. Da dominieren Etiketten, Bequemlichkeiten, Risikoscheu. Sich gegen die zu stemmen, hat seit jeher weniger geschadet als das Stemmen der Stimme. Nicht selten sind es jedoch die Sänger selbst, die sich gern im Wagner-Fach sehen. Die Figuren sind halt verdammt interessant, die Stücke viel gefragt, die Gagen hoch. Die Monokultur hat also viele Ursachen. Noch ein anderer Tenor, ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt September/Oktober 2010
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Stephan Mösch, Albrecht Thiemann
Nach einem Jahr Pause melden sich die Trierer Antikenfestspiele mit neuem Konzept zurück: Künftig will man sich dem Wiederentdecken von Opernraritäten im römischen Amphitheater widmen. Zum Auftakt hat man, passend zum Spielort, Arrigo Boitos Schmerzenskind «Nerone» ausgegraben – jenes Werk, an dem der Verdi-Librettist jahrzehntelang herumgedoktert hatte, ohne es je...
Bei einem Darmstädter Vortrag dachte Theodor W. Adorno 1961 darüber nach, was künstlerische Utopie bedeutet. Seine Antwort: Dinge machen, von denen man nicht weiß, was sie sind. Man kann diese Maxime und den Anspruch, der sich mit ihr verbindet, als Einspruch lesen. Ist es nicht so, dass – auch und gerade in der Kunst – meist Dinge gemacht werden, von denen man...
Nur ein paar Minuten vom Inntaldreieck Richtung Süden, dann runter von der Autobahn, über den majestätischen, sein Bett stets randvoll ausfüllenden Inn, und bald wartet links die Kuh (auf einem humorvollen Schild) und rechts ein Akustikwunder (im Passionsspielhaus). Wer nach Erl will, zu den Tiroler Festspielen, der findet schnell zum Ziel: Weithin grüßt der kühn...