Editorial 4/23
Um pointiert-scharfzüngige Worte war sie nie verlegen. Und um individuelle Sprachbilder auch nicht. Elfriede Jelinek, die große österreichische Schriftstellerin und Dramatikerin, hat sich mit ihren Romanen, Theaterstücken und essayistischen Gedankensteinbrüchen einen Platz im Olymp der Schreibkünstlerinnen und -künstler längst verdient. Dabei war es der Nobelpreisträgerin stets ein Anliegen, auf akute gesellschaftliche Missstände zu rekurrieren.
Wenig Wunder also, dass Jelinek, die zudem eine famose Orgel- und Klavierspielerin sein soll, nun in einer Causa Stellung bezog, die ganz Kakanien in Bestürzung versetzt – zumindest jenen Teil, der das Alpenland nicht als Satellitenstaat von Ibiza und Sammelstelle für korrupte katholisch-nationalistische Patriarchen, sondern als Kulturnation ansieht. Die Rede geht von der geplanten Schließung des Radio-Symphonieorchesters Wien, kurz RSO. Weil der Österreichische Rundfunk bis zum Jahr 2026 rund 300 Millionen Euro sparen muss, war der Generaldirektor des Senders, Roland Weißmann, auf die keck-kühne Idee verfallen, das Orchester, als dessen Chefdirigentin seit 2019 Marin Alsop fungiert, abzuwickeln. Angedachte Sparsumme: 8,5 Millionen Euro. ...
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Opernwelt April 2023
Rubrik: Editorial, Seite 1
von Jürgen Otten
Der Feind kann Russland nicht brechen», dröhnt es einem auf der Zielgerade entgegen, normalerweise jedenfalls. Und: «Wir schmettern den Feind in den Staub.» Selbst ohne tägliche «Tagesschau»-Dosis sind diese letzten Minuten schwer erträglich, Sergej Prokofjew lässt hier Chor und Orchester heiß- und leerlaufen. An der Bayerischen Staatsoper dröhnt die Stelle auch,...
Unter den vier großen französischen Opern Meyerbeers fristet die erste eine Existenz als armer Verwandter. Das Werk von 1831 erscheint nur noch selten auf der Bühne, bis heute wurde es nie im Studio eingespielt. Dieses Desinteresse hängt wohl wesentlich mit dem Mix aus komischen und tragischen Elementen zusammen. Die italienische Opera semiseria sollte um 1850...
Es sind Klänge wie aus dem Urgrund des Seins, die da im Vorspiel zum dritten Aufzug von Wagners Handlung aus dem Orchestergraben drängen. Diese Musik hat den Odem von warmem, lastend dampfendem, dunklem Humus, auf dem einst von Tristans Vätern die Burg Kareol erbaut wurde, die offenbar weit weniger ein Ort der rauschenden Feste ist, doch eher Blaubarts fensterlosem...