Drama ist überall
Herr Pichon, eines Ihrer wichtigsten Projekte 2022 sind drei zusammenhängende Programme, in denen Sie Ausschnitte aus Johann Sebastian Bachs Werken neu kombinieren. Ist das Ihr barocker «Ring»?
Es ist einfach ein neuer Weg, wie wir in Bachs Meisterwerke eintauchen und sie für uns entdecken können. Und es geht darum, wie wir mit seinem Erbe umgehen, mit seinem Testament – auch wenn das eine romantische Vorstellung zu sein scheint. Bach wollte die drei wichtigsten Kapitel im Leben Jesu darstellen: Geburt, Passion sowie Auferstehung und Himmelfahrt.
Die Idee ist nun, die entsprechenden Werke wirklich wie einen «Ring» zusammenzuführen. Das wird noch verstärkt dadurch, dass wir zum Beispiel dieselben Sänger für die Evangelisten-Partien oder den Christus haben. Außerdem gibt es eine Lichtregie und Positionswechsel der Künstlerinnen und Künstler im Saal – ohne das gleich «semikonzertant» nennen zu wollen.
Ein typisches Programm für Sie. Würden Sie sich als Konzeptkünstler bezeichnen?
Nein. Solche Programme sind keine Frage des Konzepts, sondern der Verantwortung. Wir bilden eine neue Generation von Interpreten. Wir müssen nicht mehr grundlegende Dinge herausfinden wie damals Nikolaus ...
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Opernwelt März 2022
Rubrik: Interview, Seite 30
von Markus Thiel
Es gibt (Musik-)Theaterabende, da ist man wirklich ratlos. Es entsteht der Eindruck, dass sich die Beteiligten größtenteils gar keine Mühe gegeben haben; dieser Eindruck mag ungerecht sein, doch: Er ist in der Welt. Die ganze Zeit. Eine Stunde und 40 Minuten. Tatort: Basel.
Regisseur Christof Loy und sein Team haben sich - so scheint es zumindest - gesagt: Lass...
Hätten wir nicht die Musik selbst, das Schönste an diesem Album wären die Bilder. Präziser: jene Fotografien, auf denen Martha Mödl im eleganten Abendkleid neben dem ernst dreinblickenden Wieland Wagner in ein munteres Gelächter ausbricht, als «Ring»-Heroine auf der Wagnerschen Scheibe hockt, oder im quartetto grazile mit ihrem Sangespartner Wolfgang Windgassen,...
Sant’ Andrea della Valle, Palazzo Farnese, Engelsburg: Wer könnte diese ikonografischen Orte nicht sofort vor seinem inneren Auge abrufen, wenn er von «Tosca» hört? Und wie sollte, im Rom um 1800, die Handlung anders ablaufen als von Puccini und seinen Librettisten notiert? Aber ist «Tosca» ein derart «veristisches» Werk, dass es der Originalschauplätze überhaupt...