Die zehnte Muse
Ob Mozarts «Zauberflöte», Beethovens «Fidelio», Webers «Euryanthe» oder Verdis «Il trovatore» – stets war es der Librettist, der als ewiger Sündenbock der Operngeschichte für ästhetisch problematische Werke haftbar gemacht wurde. Der Geringschätzung seines Metiers entsprach die fehlende öffentliche Anerkennung und intellektuelle Auseinandersetzung. Erst der amerikanische Kritiker Patrick J. Smith hat 1970 mit seinem Buch «The Tenth Muse» den Bann gebrochen. Den neun Musen der Antike stellt er eine zehnte zur Seite: die des Librettos.
Smiths Spuren folgt auch der umtriebige Hamburger Publizist Hanjo Kesting, wenn er – unter dem unglücklichen Titel «Bis der reitende Bote des Königs erscheint», einem Zitat aus Brechts «Dreigroschenoper» – die noch immer unterbelichtete und zu wenig gewürdigte Gattung der Operndichtung vom Barock bis zur Moderne, von Metastasio bis zu Brecht und Wystan Hugh Auden verfolgt.
Kesting will freilich keine Geschichte des Librettos vorlegen, sondern das Verhältnis, aber auch das Missverhältnis zwischen Oper und Literatur durch die Jahrhunderte ins Blickfeld rücken. Dabei gelingen ihm glänzende Essays – über Mozart und Da Ponte, Meyerbeer und Scribe, Verdi ...
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Opernwelt März 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 27
von Uwe Schweikert
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