Deutungsoffene Räume
Wiedersehen macht Freude – vor allem bei Gästen, die nicht zu oft kommen. Unter der Intendanz von Peter Jonas inszenierte David Alden derart häufig an der Bayerischen Staatsoper, dass irgendwann kein Münchner Operngänger seine ironische Popästhetik mehr sehen konnte. Nun ist der New Yorker Regisseur ins Nationaltheater zurückgekehrt, um Gioachino Rossinis letzte Opera Seria «Semiramide» zu inszenieren. Alden verlegt die Geschichte rund um Semiramis, die mythische Herrscherin des Zweistromlandes, in ein Gesellschaftssystem mit Parallelen zum gegenwärtigen Nahen Osten.
Eine an Lenin gemahnende Statue und mehrere übergroße, durch Videotechnik veränderbare Wandgemälde repräsentieren den noch immer allgegenwärtigen Diktator Nino, den Semiramis gemeinsam mit ihrem Liebhaber Assur ermordet hat. Weil sie bislang die Thronfolge nicht klären konnte, suchen sich zwei Lager des Staates zu bemächtigen: hier der militärische Apparat unter Assur (Alex Esposito), dort die Religiösen unter dem im Hintergrund agierenden Geistlichen Oroe (Simone Alberghini). Zu allem Überfluss mischen auch noch ausländische Mächte in Gestalt des indischen Prinzen Idreno (Lawrence Brownlee) beim Poker um die Macht ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 51
von Michael Stallknecht
Wie ein Mühlrad rotieren die vier kleinen Räume auf der schmalen Drehbühne. Uns schaudert es beim Anblick dieser schäbigen Enge, in der beschädigte Menschen das Leben der anderen und ihr eigenes zerstören. Marie sitzt melancholisch am offenen Fenster ihrer kleinen Kammer, Doktor und Hauptmann zucken in ihren Räumen, während Andres Hasen ausnimmt und aufhängt. Sie...
Bescheidenheit blieb seine Zier. Kurt Moll war ein Star, der in Tokio genauso Beifallsstürme auslöste wie in München oder Wien. Seine Residenzen an der Metropolitan Opera dauerten bisweilen so lang, dass seine Kinder in New York auf die Schule gingen. Dennoch war ihm eitles Gehabe fremd. Er kannte Kollegen, mit denen er einmal gesungen hatte, selbst nach Jahren...
Göttervater Jupiter hat eine Affäre mit Semele. Als seine Gattin Juno dahinterkommt, setzt sie alles daran, die eitel-ruhmgierige Schöne zu vernichten, wozu ihr jedes Mittel recht ist. Der junge niederländische Regisseur Floris Visser, der vor Jahresfrist in Osnabrück mit Benjamin Brittens «Owen Wingrave» (siehe OW 3/2016) auf sich aufmerksam machte, geht der Story...