Der Mörder ist unter euch
Streiter für Tugend, heil’ge Kraft, himmlische Taube, der Vater einst reiner Tor, dann Gralsretter – wer’s glaubt. So edel all dies von Klaus Florian Vogt wieder vorgetragen ist, mit seit einiger Zeit erstaunlich stabilen dramatischen Werten, es bleibt doch eine Lüge, zumindest ein (Sich-)Zurechtbiegen der Wirklichkeit. Darüber kann auch Lohengrins Gesang nicht hinwegtäuschen und ebenso wenig sein weiß glitzernder Schlagersänger-Anzug.
Ohnehin trägt der bald Flecken – Schmutz und das Blut eines vermeintlichen Ritters, der sich am Ende, frustriert und traumatisiert, die Pulsadern aufschlitzt.
Eine uns scheinbar vertraute Figur auf links drehen und umkrempeln – nicht zum ersten Mal hat Katharina Wagner derlei riskiert. Es gehört vielmehr zu ihrer Regiekarriere. Im Herbst 2002 in Würzburg ging das schon los, als sie im «Fliegenden Holländer» Daland als geldgeilen Vater einer verkauften Braut brandmarkte. Sechs Jahre später, bei den «Meistersingern» in Bayreuth, mutierte Hans Sachs vom barfüßigen Frei- zum Ungeist im Spießeranzug. Dazwischen, 2004 in Budapest, lag ein erstes Misstrauensvotum gegen den Schwanenritter: Warum, das interessiert die Regisseurin brennend, besteht dieser ...
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Opernwelt Mai 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 22
von Markus Thiel
Ein paar Zentimeter sind es nur, aber in diesem Moment, beim letzten Zusammentreffen von Tatjana und Onegin, fühlt es sich an wie ein Theatercoup. Ein Bühnenrechteck mit beiden fährt nur eine Handbreite nach oben, hier aber macht das den Eindruck einer Himmelfahrt. Solch eine Detailwirkung kann es nur geben, wenn eine Aufführung mit extremer Ökonomie der szenischen...
Die Dame hinter uns summt vernehmlich mit. In einer lutherischen Kirche ist das nicht ungewöhnlich, da gehört der Gemeindegesang so sehr zum Ritual eines Gottesdienstes wie das «Amen». Doch an diesem milden Frühlingsabend in der Rostocker Nikolaikirche wird keine Andacht gehalten – auf dem Programm steht ein «Musiktheater mit dem Liederzyklus von Franz Schubert und...
Ausnahmetalent
Die Poesie ist schon ihrem Vornamen eingeschrieben: Mondblume. Und als solche blüht Aigul Akhmetshina nun schon seit einigen Jahren mächtig auf. Ihre Elisabetta in Donizettis «Maria Stuarda» war eine Sensation, ebenso ihre Carmen. Und auch in der Partie der Adalgisa zeigt die Mezzosopranistin, wieviel Potenzial in ihrer warmen Stimme steckt. Ein...
