DER KURZE SOMMER DER TRÄUME
Einer Sache kann man sich im oft wenig überraschenden Opernbetrieb sicher sein: Inszeniert David Marton, bekommt man etwas, das man in dieser Form vermutlich noch nicht gesehen hat. Auch wenn, wie im vorliegenden Fall, Corona eine gewisse Mitschuld trägt. Ursprünglich sollte Marton am Opernhaus Zürich «L’olimpiade» von Giovanni Battista Pergolesi inszenieren, eine Barockoper mit der diesem Genre innewohnenden Handlung von Taten und Schicksalen irgendwelcher Helden. Nun sind die Heldinnen und Helden noch da, aber ganz andere geworden – Greisinnen und Greise.
Man sieht sie im Video, das Marton zusammen mit Sonja Aufderklamm während verschiedener Besuche im etwas freieren Corona-Sommer 2020 drehte, steinalte, oft sehr einsam wirkende Menschen, die aber innerlich leuchten, die von ihren Leben erzählen, von ihren Träumen und nie erfüllten Hoffnungen, die etwas zur Musik Pergolesis sagen, diese empfinden. Die Kamera kommt den Gesichtern sehr nahe, sie nehmen die gesamte Höhe und Breite des Bühnenportals ein. Aber stets behalten sie ihre Würde.
Unweigerlich denkt man Romeo Castelluccis zutiefst anrührende Umsetzung von Glucks «Orfeo» (2014) bei den Wiener Festwochen, mit jenem Film, der ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2022
Rubrik: Panorama, Seite 62
von Egbert Tholl
Der Text war brisant. Und kursierte deswegen anfangs in der Deutschen Demokratischen Republik nur «unter der Hand». Letztlich aber konnte (und wollte) auch sein Autor nicht verhindern, dass er in die breite Öffentlichkeit drang und dort, was Wunder, heiß diskutiert wurde. Nichts Geringeres nämlich hatte der umstrittene Dramatiker Peter Hacks versucht, als – in...
Bachs »Matthäus-Passion« als Oper? So fern liegt das nicht, wenn man an die latente Dramatik des Stücks denkt. Und Versuche in diese Richtung der Interpretation gab es immer wieder, bis hin zur Aneignung durch den Choreographen John Neumeier. Aber eine Aufführung als Fest der «Community» unter Beteiligung von Kindern sowie Bürger- und Jugendchören aus Stadt und...
In Vincent Huguets «Don Giovanni»-Inszenierung an der Staatsoper Unter den Linden ist die Titelfigur ein Starfotograf, dessen Zeiten als die Frauen nach seinem Gusto einfach «vereinnahmender» Gigolo längst vorbei sind. Er wohnt in Berlin-Mitte und hat ein ironisches Plakat an der Hauswand hängen, auf dem die (zum Teil ehemaligen) Staatsoberhäupter Merkel und Macron...
