Der doppelte Meister
Gerade einmal elf Jahre sind verstrichen, seit das Gran Teatre del Liceu in Barcelona, neben der seit 1882 in Bau befindlichen Kathedrale «La Sagrada Familia», das Heiligtum der katalanischen Kulturnation, bis auf die Grundmauern niederbrannte. Doch schon vor der Jahrtausendwende, am 7. Oktober 1999, konnte das Haus an den Ramblas seine Pforten wieder öffnen – im Kern penibel nach alten Plänen und Fotografien rekonstruiert, hinter den Kulissen freilich mit erweiterten Service- und Verwaltungstrakten und vor allem modernster Bühnentechnik ausgestattet.
Ein Schmuckkasten aus Gold, Marmor und rotem Samt, der den Glanz der guten alten Zeit beschwört, ohne die Vorzüge der Gegenwart zu verschmähen.
Auch die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen deuten, jedenfalls aus der durch rüde Spardiskurse und Streichattacken getrübten deutschen Sicht, auf paradiesische Verhältnisse. Das Orchester beschäftigt 104 fest angestellte Musiker, der Chor hat 74 Mitglieder – alles in allem kümmern sich rund 400 Mitarbeiter darum, dass die mehr als 2300 Plätze des Liceu stets belegt sind, wenn der Maestro im Graben den Stab zur Ouvertüre hebt. Das Jahresbudget liegt aktuell bei 53 Millionen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Die Welt steht Kopf. Der Escorial eine leere Betonruine mit Fenstern wie hohle Augenlöcher, in der Ecke das gesichtslose Tizian-Porträt Kaiser Karls V. Einmal öffnet sich die Rückwand für eine unheimliche Flussaue, und auch nach der Pause ist die Bühne nur scheinbar im Lot. Wo in der Mitte bewegliche gläserne Hänger ein Zentrum markierten, ist nun ein Guckkasten...
Herr Chailly, im September 2005 treten Sie Ihr Amt als Generalmusikdirektor der Leipziger Oper und Gewandhauskapellmeister an. Leipzig zählt, trotz der unbestrittenen Qualitäten des Orchesters, nicht wirklich zu den führenden Musikmetropolen. Worin besteht für Sie der Reiz?
Leipzig ist nicht irgendeine Stadt, sondern ein Ort mit einer ganz außergewöhnlichen...
Klein, silbern, teuer: Als vor gut einem Vierteljahrhundert die CD den Tonträgermarkt im Sturm nahm, war ein Preis von fünfundvierzig bis fünfzig Mark angepeilt. Das Spiel von Angebot und Nachfrage temperierte diese Phantasiesumme schnell, auch der Mangel an Aufnahmen im dreifach-digitalen Standard machte einen Strich durch die Rechnung. Nicht zuletzt mit den...