Buch des Monats: Gefälschte Welt
Fremdes Leiden, fremde Leidenschaft, wohin das Auge schaut. Die Grand Opéras von Giacomo Meyerbeer, Jacques Fromental Halévy, Daniel-François-Esprit Auber und anderen aus jener Sattelzeit, die der Philosoph Hans Blumenberg als «Epochenschwelle» beschrieb, sind nicht nur opulente Sittengemälde, in ihnen bildet sich, vor geschichtlich definiertem Hintergrund, das Schicksal einzelner Individuen in einer Drastik ab, von der das Musiktheater des 18. Jahrhunderts nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
Bühnenwerke wie Meyerbeers «Les Huguenots» und «Le Prophète», Halévys «La Juive» oder Aubers «La Muette de Portici» markieren einen Wendepunkt in der Operngeschichte und beglaubigen mit ihrer musikdramaturgischen Konzeption zudem einen Satz des Philosophen Søren Kierkegaard aus dessen 1843 erschienenem Traktat «Die Wiederholung»: «Die Wiederholung ist die Kategorie, welche entdeckt werden soll.» Für Günther Heeg bildet dieser Satz gleichsam die Folie für seine stichhaltigen Analysen einiger wichtiger Grand Opéras aus der Feder Meyerbeers, dem Friedrich Herzfeld in seinem für Gymnasiasten gedachten Buch «Du und die Musik» noch 1960 boshaft unterstellte, seine Schöpfungen auf diesem Gebiet ...
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Opernwelt 8 2022
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 33
von Jürgen Otten
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