Beziehungsweise
Lucia Ronchetti ist eine Grenzgängerin. Zwischen den Genres, zwischen den Künsten. Ob sie während der Münchner Opernfestspiele mit Sängern, Schauspielern, Musikern und Passanten über die Ludwigstraße zieht, ob sie bei einem Solostück murmelnde Männerstimmen aus dem Publikum hörbar werden lässt, ob in «Anatra al sale» die titelgebende Ente tatsächlich zubereitet und in den Ofen geschoben wird – fast immer wird die Zuordnung der Elemente Text, Musik, und Szene, und damit zugleich das Verhältnis von Realität und künstlerischer Reflektion, neu definiert.
Ein zweites wichtiges Element ist die Gegenwart des europäischen Kulturerbes. Die Münchner Parade war von der Satire des Humanisten Sebastian Brant inspiriert; die murmelnden Stimmen im Solostück von Marcel Prousts «Suche nach der verlorenen Zeit» und «Anatra al sale» von den Madrigalkomödien des 16. Jahrhunderts, in denen es eben auch häufig um die leiblichen Genüsse geht.
Der Ausgangspunkt des Dresdner Opernprojektes war Pietro Metastasios einzige Komödie «Dorina e Nibbio», auch bekannt als «L’Impresario delle Canarie» – eine boshafte Satire auf den Opernbetrieb seiner Zeit. Zwei Versionen dieses zweiaktigen Intermezzos (Domenico ...
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Opernwelt April 2015
Rubrik: Magazin, Seite 74
von Ingo Dorfmüller
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