Zur Kenntlichkeit entstellt

Strauss’ «Daphne» in Basel: Hans Drewanz steuert Orchesterpastell, Christof Loy die beklemmend dichte Szene bei

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Mit «Ich komme, grünende Brüder» ist es nichts. Kein Mädchen, das sich in einen Lorbeerbaum verwandelt. Daphne, schuldig am Tod ­ihres Jugendgespielen Leukippos, bekommt Handschellen angelegt. «Abführen!»: So hätte der Befehl an den Uniformierten am Ende lauten können. Leer die Szene. Die Musik allein spricht das Schlusswort. Sie flutet den Raum. In das Fis-Dur-Wispern des Orchesters mischen sich Richard Strauss’ Vokalisen. Sie klingen von irgendwoher herein.



Die beiden großen musikalischen Vorzüge des Abends verabschieden uns: das Instrumentarium und die Interpretin der Titelrolle. Hans Drewanz steht am Pult des Sinfonieorchesters Basel. Und wie der unterdessen 85-Jährige den spezifischen Strauss-Ton entfaltet, das ist vom Holzbläser-Idyll des Beginns bis in den gleichsam «ewigen» orchestralen Strom des Ausklangs von denkwürdigem Format. Keine Spur vom womöglich erwarteten ­altersweise-serenen Laufenlassen der Musik. Nein, Drewanz reizt aktiv den scheinbar immerwährenden Strauss’schen Melos-Strom aus. Er spreizt das Bild der Partitur mit einer Deutlichkeit, einer Plastizität sondergleichen auf – und das mit geradezu ultimativer Dezenz: ein ungeheuer leicht und luftig anmutendes ...

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Opernwelt April 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Heinz W. Koch

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