Beinahe grotesk
Überall, jederzeit». So lapidar die Regieanweisung des Komponisten, so fundamental das im Stück verhandelte Sujet: Der Conditio humana, den Bedingungen und Umständen menschlichen Daseins gilt es nachzuspüren. Dazu schwebt die Tochter des hinduistischen Gottes Indra hinab auf die Erde. Der Menschen Schicksal zu erkunden, deren Leiden und Klagen zu durchleben und – so die finale Hoffnung – ihnen Erlösung zuteil werden zu lassen: Darin besteht ihre Mission. Sie scheitert. Weil die Menschen letztlich gar nicht befreit werden wollen.
Aribert Reimanns 1965 uraufgeführter Opernerstling «Ein Traumspiel» nach dem gleichnamigen Schauspiel von August Strindberg ist gewissermaßen das Schmerzenskind im Werkkatalog des erfolgsverwöhnten Grandseigneurs des nachkriegsdeutschen Musiktheaters. Nicht von ungefähr handelt es sich bei der Inszenierung von Keith Warner an den Bühnen Halle um die erst vierte Produktion überhaupt. So farbprächtig sich der Reigen der albtraumhaft mäandernden dreizehn Bilder fügt, so sehr verlangt dieser nach einer Regie, die Reimanns überbordenden Einfallsreichtum auf der Bühne darzustellen vermag.
Ausstatter Kaspar Glarner gelingt dabei eine kongeniale Umsetzung: ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: Panorama, Seite 53
von Werner Kopfmüller
Die Oper hält, was der Titel verspricht. «Lieder von Vertreibung und Nimmerwiederkehr». Damit beginnt die Münchner Musiktheaterbiennale, Bernhard Gander hat die Musik dafür geschrieben, Serhij Zhadan, geboren im gerade vom Krieg verwüsteten Luhansk, den Text. Natürlich entstand das Werk weit vor dem Beginn von Putins Irrsinn, aber was einem nun mit harschen,...
Faltenröcke machen früh alt. Jener, in dem die verträumte Bücherratte Tatjana steckt, lässt die junge Frau zu Beginn bereits wie ihre eigene Oma aussehen, die mit Vorliebe vom Damals erzählt, als die Zukunft noch so viel besser war. Doch die Schwärmerin singt sich in ihrer Briefszene empor aus dem wohlsortiert-langweiligen Landleben jenes Spießbürgeridylls, das...
Wohl bei keinem Dirigenten der Gegenwart ist die Trennlinie zwischen Bewunderung und Ablehnung so scharf gezeichnet wie bei Teodor Currentzis. Die einen, zu denen bei aller Bescheidenheit auch Currentzis selbst zählt, halten ihn für einen charismatischen Magier, der ganze Orchester in Bewohner von Klangwunderkammern zu verwandeln weiß. Andere, nicht minder...