Bedingt kompatibel

Bei den Salzburger Pfingstfestspielen probiert sich Cecilia Bartoli als Maria in Bernsteins Musical «West Side Story». Doch das Genre bleibt ihr fremd

Ganz anders hatten sich die Salzburger das vorgestellt, zum Beispiel mit einem Prolog. Die gealterte Maria, gestählt durch die Bandenkriege Manhattans, hätte da von ihrem Schicksal erzählen dürfen, von ihrer einzigen großen Liebe, von Tony. Und dann wäre sie ins Stück eingetaucht, hätte alles noch einmal durchlitten, was damals zwischen den Sharks und den Jets passiert ist. Gut, der Kniff ist nicht neu. Er hätte allerdings plausibel gemacht, warum ein Star mit – scusi, Signora – 50 Lenzen noch «Tonight» singt.

Vor den Erben Leonard Bernsteins und Stephen Sondheims musste jedoch sogar Cecilia Bartoli kapitulieren. Kaum ein Wort durfte an der «West Side Story» geändert werden, jede Produktion sieht noch immer so aus wie der Uraufführungsabend anno 1957.

Auch jetzt in Salzburg, wo die Felsenreitschule in Sepia-Licht erglüht, die Haartollen der Kerle zementiert und die Röcke der Mädels nur bis Kniehöhe geschnitten sind. Auf ihrer Expedition zu den wilden, besonderen Frauen ist die Bartoli, bis mindestens 2021 Künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele, bei der für sie entlegensten Dame angelangt. Ein lang gehegter Traum, der zum Kompromiss zwingt: Es gibt zwei Marias. Michelle ...

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Opernwelt Juli 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 14
von Markus Thiel

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