Aus dem Zeitgeist

Kassel/Kiel: Wagner: Die Meistersinger von Nürnberg

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Der Kunst gilt’s – aber einer neuen, jungen Kunst. Freiheit und Aufbruch heißen die Schlagwörter. Reglementierte Traditionen haben ausgedient. Und diese Traditionen machen diejenigen, die an ihnen festhalten, zu einsamen Menschen, die schließlich an ihren eigenen Prinzipien (ver)zweifeln. So könnte der Tenor der aktuellen Neuproduktionen der «Meistersinger» in Kassel und Kiel lauten. Es ist interessant zu beobachten, wie dicht zwei Regiekonzepte beieinander liegen können, wenn die Regisseure aus dem gleichen Stall kommen.

Lorenzo Fioroni (Kassel) und Roman Hovenbitzer (Kiel) sind nicht nur beide Jahrgang 1972; sie haben bei Götz Friedrich in Hamburg studiert und sich nun erstmals des Stücks angenommen. Es gibt Details, die verblüffend übereinstimmen. Die Verwendung von Tonbandgeräten zur Aufnahme von Walthers Probegesang im ersten Akt gehört dazu, oder das unbeholfene Hantieren Beckmessers mit einem Notenständer (kurz vor seinem Ständchen im zweiten Akt). Oder die Isolierung von Hans Sachs am Ende des dritten Akts, die ihn als vereinsamte Figur zwischen den Fronten künstlerischen Reaktionismus’ und Fortschritts zeigt. Zwei Schüler desselben Lehrers haben da offensichtlich aus einem ...

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Opernwelt April 2010
Rubrik: Panorama, Seite 42
von Christian Schütte

Vergriffen
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