Auf einsamen Höhen
Der Dichter spricht. Und mahnt: «Herr: Es ist Zeit.» Angesichts der gegenwärtig so unbarmherzigen Geschehnisse kommen dem Nachdenklichen Rilkes bekannte Zeilen in den Sinn. Wobei man sich auch fragen mag, ob die dominierende materialistische Ausrichtung unseres Lebens und Denkens nicht für die Krisen (Klima, Krankheit, Krieg) zumindest mitverantwortlich ist. Auf jeden Fall scheint Rilkes Gott nun die Winde losgelassen zu haben und uns zu zwingen, an Phänomene zu denken, die wir verdrängen: Vergänglichkeit, Abschied, Verlust, Tod.
Mithin um Themen, die auch die drei vorliegenden Liedalben in ihrer Programmwahl umkreisen.
Bei einem Liederabend von Hanno Müller-Brachmann in der Londoner Wigmore Hall vor fünf Jahren gab ein Kritiker «a health warning»: Menschen mit schwachem Herzen sei der Abend nicht zu empfehlen. Wobei es vor allem um Mahlers «Kindertotenlieder» ging. Letztere scheinen nun auch in Müller-Brachmanns neuem Album auf; den Titel «Auf jenen Höh’n» entnahm er dem mit seinem Fake-Dur Zweifel streuenden und zugleich Hoffnung weckenden Lied «Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen». Schwer wiegt dieses Programm, erweitert durch Frank Martins kantige Angst-Monologe des ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 34
von Gerhard Persché
Bei Betrachtung der Vorab-Fotos hatte man noch gebangt. Santa Cecilia als kettenrauchendes, männerverschlingendes Biest? In einem Kleid, das aussah wie ein Opernzitat, eng geschnitten und mit folkloristischen Applikationen? Doch eine Carmen wird die Bartoli uns und sich wohl auf ewig ersparen – in Sevilla, so das Motto ihrer diesjährigen Pfingstfestspiele, sind...
Wagners «Tristan und Isolde» sagt man eine weitestgehende Handlungslosigkeit nach. Alles Äußere sei in diesem Werk nach Innen gekehrt: innere Vorgänge, Liebesschmerz, Liebestrunkenheit, Gekränktheit. Alles nur im Kopf. Und im Herzen.
Das Regie-Duo Alexandra Szemerédy, und Magdolna Parditka hat in seiner Lesweise jetzt in Saarbrücken einmal alles auf den Kopf...
Drei überaus erfolgreiche Opernkomponisten stehen, bei allen Unterschieden, exemplarisch für den Zwiespalt von Moderne und Tradition: Benjamin Britten, Hans Werner Henze und Aribert Reimann. Von der guten, alten Oper wollten sie nicht lassen, ebensowenig von der Anlehnung an hohe literarische Vorlagen. Auch in der Distanz zur «doktrinären» Avantgarde der...