Auf einsamen Höhen

Lied-Recitals von Hanno Müller-Brachmann, Sarah Traubel und Lisa Tatin

Opernwelt - Logo

Der Dichter spricht. Und mahnt:  «Herr: Es ist Zeit.» Angesichts der gegenwärtig so unbarmherzigen Geschehnisse kommen dem Nachdenklichen Rilkes bekannte Zeilen in den Sinn. Wobei man sich auch fragen mag, ob die dominierende materialistische Ausrichtung unseres Lebens und Denkens nicht für die Krisen (Klima, Krankheit, Krieg) zumindest mitverantwortlich ist. Auf jeden Fall scheint Rilkes Gott nun die Winde losgelassen zu haben und uns zu zwingen, an Phänomene zu denken, die wir verdrängen: Vergänglichkeit, Abschied, Verlust, Tod.

Mithin um Themen, die auch die drei vorliegenden Liedalben in ihrer Programmwahl umkreisen. 

Bei einem Liederabend von Hanno Müller-Brachmann in der Londoner Wigmore Hall vor fünf Jahren gab ein Kritiker «a health warning»: Menschen mit schwachem Herzen sei der Abend nicht zu empfehlen. Wobei es vor allem um Mahlers «Kindertotenlieder» ging. Letztere scheinen nun auch in Müller-Brachmanns neuem Album auf; den Titel «Auf jenen Höh’n» entnahm er dem mit seinem Fake-Dur Zweifel streuenden und zugleich Hoffnung weckenden Lied «Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen». Schwer wiegt dieses Programm, erweitert durch Frank Martins kantige Angst-Monologe des ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt 7 2022
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 34
von Gerhard Persché

Weitere Beiträge
Nicht ohne meine Tochter

Von Friedrich Schiller stammt der schöne Satz, ernst sei das Leben, heiter sei die Kunst. Schon seine Herkunft verrät die Doppeldeutigkeit des Gemeinten, schließlich beschließt er den Prolog zu Schillers dramatischem Gedicht «Wallensteins Lager», einem Stück, dessen Heiterkeit sich in überschaubaren Bahnen hält. Interessant aber ist gerade die eingeschraubte...

Makellos

So etwas gibt es. Alle machen alles irgendwie richtig, und trotzdem fehlt am Ende etwas. Im Falle der neuen Oper des französischen Komponisten und Organisten Thierry Escaich ist das so. Escaich brachte 2013 seinen Erstling «Claude» (auf ein Libretto des ehemaligen französischen Justizministers Robert Badinter) in Lyon heraus – eine musikalisch wie szenisch...

Magische kleine Dinge

Es war die Renaissance des romantischen und des klassischen Belcanto-Repertoires, die seit Beginn der 1960er-Jahre zur Nachfrage nach wendigen Mezzo- und Altstimmen führte – insbesondere für etliche der zentralen Partien von Gioachino Rossini, dessen Opern in den sechs, sieben Jahrzehnten zuvor Opfer der Tradition, also der «Schlamperei» (Gustav Mahler), geworden...