Auf dem Tennisplatz
In Augsburg gibt es einige glänzende Räume: den Goldenen Saal im Rathaus, den kleinen Goldenen Saal des Jesuitenkollegs, in das Leopold Mozart zur Schule ging, den Festsaal im Schaezlerpalais, in dem Marie-Antoinette vor ihrer Hochzeit mit Ludwig XVI. eine Nacht durchtanzte. Sie alle blenden, obwohl aus unterschiedlichen Epochen, das Auge mit ihren Schnitzereien und Stukkaturen, die bis in die kleinsten Windungen ausgeformt sind.
So ist das auch mit dem Belcanto in seinen Glanzzeiten: Wenn er das Ohr wirklich betören will, muss jeder Ton, wie rasch vorübergleitend auch immer, tatsächlich gesungen sein. Am Staatstheater Augsburg zeigt Jihyun Cecilia Lee, wie es geht: Als Corinna in Gioachino Rossinis «Il viaggio a Reims» trägt sie die Linien auf weitem Atem, verblendet die Register, bleibt in langen Noten dynamisch flexibel, bindet die vielen kurzen ein. Etwas könnte noch hinzukommen: die schiere Lust am Glänzen, das Spiel mit der Verführungskraft der eigenen Stimme. Schließlich ist die Partie für Giuditta Pasta komponiert: In der Rolle der «römischen Improvisationskünstlerin» fielen ihr als einziger zwei Arien zu, die erste vollständig aus dem Off erklingend, als reine Huldigung an ...
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Opernwelt Februar 2023
Rubrik: Panorama, Seite 29
von Michael Stallknecht
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Giacomo Meyerbeer wäre eigentlich der erste gewesen. Doch es kam anders. «Gewisse Extravaganzen», wie es sein Bruder ausdrückte, riefen die Zensur auf den Plan. Librettist Felice Romani musste «Francesca da Rimini» allerdings deswegen nicht der Schublade überantworten. Ein Dutzend Mal fand seine Version einer Begebenheit aus Dantes «Divina Commedia» den Weg auf die...
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