An der Rampe, händeringend
«Das Serail ist eine Stadt. Ein Leben ständigen Rennens, […] ein Gefängnis der Einsamkeit.» Als Luk Perceval für eine Opernregie in Genf angefragt wurde, bestand der belgische Theatermann auf «beträchtlichen Freiheiten». So wurde Mozarts Singspiel aus dem Jahre 1782 entkernt: keine Dialoge, kein Serail, kein Bassa Selim, kein Orientalismus. Stattdessen eine Überblendung mit Ausschnitten aus dem 1996 erschienenen Prosabändchen «Der wundersame Mandarin» von Aslı Erdoğan.
Darin beschreibt die Menschenrechtskämpferin ihre Erfahrungen als Migrantin in Genf: als Frau in der Männerdomäne der Teilchenphysik, als Türkin im «Westen», dem «Westen», der ihr 2015 zum Fluchtort vor dem Terror des gleichnamigen (aber nicht mit ihr verwandten) Totengräbers der türkischen Demokratie wurde.
Gesprochen werden diese Texte jeweils von einem Alter Ego: Konstanze und Belmonte, Blonde und Osmin (nicht aber Pedrillo) treten im Doppelpack auf. Perceval will den «großen Bogen» zwischen Jugend und Alter, «zwischen der Geburt und dem Tod zum Vorschein bringen». So interagieren die Schauspieler fast wie fools mit den Opernsängern. Das Ganze in einem Einheitsbühnenbild: ein riesiger, nur auf einer Seite ...
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Opernwelt März 2020
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Anselm Gerhard
E. M. – hinter den mysteriösen Initialen verbirgt sich nicht nur der Name einer gefeierten Operndiva, sondern zugleich auch der Wirklichkeit gewordene Menschheitstraum von ewiger Jugend – freilich zum Preis eines halt- und ziellosen Lebens. Denn Emilia Marty, die Leoš Janáček in seiner vorletzten, 1926 uraufgeführten Oper «Věc Makropulos» («Die Sache Makropulos»)...
Frau d’Oustrac, lieben Sie Wagner?
Natürlich liebe ich ihn, so wie ich auch Brahms, Schumann und Liszt liebe. Vollends habe ich diese faszinierende Welt während meines Gesangsstudiums entdeckt, aber bereits zuvor, an der Musikschule, hatte ich mich theoretisch eingehend mit den Frauenrollen in Wagners Werken auseinandergesetzt.
Eine interessante Beschäftigung für...
Als das weitläufige Kulturzentrum, das seinen Namen trägt, im Februar 2017 den Betrieb aufnahm, war Stavros Niarchos schon 21 Jahre tot. Nach dem Krieg, in den 1950ern und 1960ern, hatte der in Athen aufgewachsene Unternehmer mit einer günstig erworbenen und weltweit eingesetzten Schiffsflotte, zu der zeitweilig 80 Tanker gehörten, Milliarden verdient. Wie sein...
