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«Spiegelformen des Lebens»: Oper, Musik, Spiel gehören in Malta zum Alltag wie die barocken Architekturkulissen der alten Johanniter-Städte. Eindrücke von einem Archipel, auf dem sich jeder ein bisschen als Künstler fühlt

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Der Zauber eines Ortes hängt nicht zuletzt an den Geschichten, die man sich über ihn erzählt. Was wäre Rom ohne den Mythos von Romulus und Remus? Was Paris ohne die heroischen Berichte vom Sturm auf die Bastille? Und was Wien ohne die Verklärung seiner glanzvollen k.u.k.-Vergangenheit? Aus Legenden, Fabeln, Anekdoten spricht der Genius Loci manchmal direkter als aus gebauten Formen oder Symbolen. Auch auf Malta.

Der Archipel umfasst zwar nur 316 Quadratkilometer, zählt aber zu den ältesten Siedlungsgebieten Europas – rund 7000 Jahre wild durchmischte Kulturgeschichte sind kein Pappenstil. Vielleicht wurde die Lust am Fabulieren ja von den Arabern geweckt, die das Heft zwei Jahrhunderte in der Hand hatten. Und vielleicht ist der sense of humour, der hier zum guten Ton gehört, ein Erbe der britischen Kolonialherrschaft, die 150 Jahre währte – bis zur Unabhängigkeit 1964. Wen wundert es da, dass in dem Inselstaat zwischen Sizilien und Nordafrika die Kunst der episodischen, oftmals heiter-ironischen Selbstdarstellung herrlichste Blüten treibt?

Eine köstliche Schnurre aus neuerer Zeit geht so: In der kleinen Ex-Hauptstadt Mdina (sprich: Imdina) wollte man eines Tages große Oper geben: ...

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Opernwelt Juni 2010
Rubrik: Reportage, Seite 62
von Albrecht Thiemann

Vergriffen
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