Adam goes Strindberg

A. Scarlatti: Cain, overo Il primo omicidio
ESSEN | AALTO-MUSIKTHEATER

Opernwelt - Logo

Dietrich W. Hilsdorfs Debüt am Essener Aalto-Theater – die zweite Produktion überhaupt am frisch eröffneten Haus und der Beginn einer intensiven Arbeitsbeziehung – war vor vielen Jahren eine zuerst skandalisierte, aber rasch zum Kultstatus avancierte Inszenierung von Verdis «Don Carlo». Nach längerer Abwesenheit ist Hilsdorf nun triumphal nach Essen zurückgekehrt: mit einer brillanten Deutung von Alessandro Scarlattis Oratorium «Cain, overo il primo omicidio», das bei Lichte betrachtet eine verkappte Oper auf ein theologisch tiefsinniges Libretto des Kardinals Pietro Ottoboni ist.

Einmal mehr hat Bühnenbildner Dieter Richter für Hilsdorf einen kongenialen Raum geschaffen: einen verwitterten spätbarocken Salon ohne Türen und Abgänge mit langer Tafel und blindem Spiegel. Die Spielfläche ragt über den Orchestergraben hinaus und spart für das klein besetzte Instrumentalensemble lediglich zwei Inseln aus. In dieser verblassten Noblesse befinden sich permanent die vier Mitglieder der biblischen Urfamilie  – Adam und Eva, Kain und Abel, in edle, von leicht staubigem Firnis überzogene Gewänder aus der Entstehungszeit des Werks (1707) gehüllt, – traulich verbunden mit dem himmlischen Vater ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2020
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Regine Müller

Weitere Beiträge
Klarer Fall

Der Mann hat besondere Vorlieben: «Senior Queens», Damen der reiferen Kategorie – und Geld genug, sich Mitwisser leisten zu können: Hat er eine bei einschlägigen Internetdiensten gefunden, dann lässt er sie von einem Gehilfen quer durch die Großstadt fahren, lackiert ihr daheim unter Klarsichtfolie die Fingernägel und sperrt sie anschließend in die siebte Kammer...

Maximal inspiriert

Szenenanweisungen von Opernlibretti stehen bei Regieteams des 21. Jahrhunderts selten hoch im Kurs. Sie scheinen die interpretatorische Freiheit, die zu zeitgemäßen Sichtweisen führt, eher einzuschränken. Doch sie können auch beflügeln. Und wie. Nicola Hümpel und ihr kongenialer Bühnenbildner Oliver Proske beweisen es an der Staatsoper Hannover auf beglückende...

Auf Wanderschaft

Der Wanderer singt mit gespaltener Stimme, sein Gesang vervielfacht sich wie in einem Anfall von Schizophrenie. Anselm Dalferths Hörtheaterstück «The Cold Trip – Eine Winterreise» beginnt wie ein klassischer Liederabend, entwickelt sich jedoch bald zu einem verstörenden Streifzug durch wahnhafte Abgründe und vereiste Innenwelten. Das Stück verbindet den ersten...