Accento verdiano: Verdi singen

Am 25. und 26. Juni 2012 fand in der Wiener Staatsoper eine öffentliche Tagung mit dem Titel «‹Poetischer Ausdruck der Seele›. Die Kunst, Verdi zu singen» statt. Veranstaltet wurde sie von der Europäischen Musiktheater-Akademie und der Staatsoper. Unter den Referenten waren Peter Berne, Daniel Brandenburg, Sieghart Döhring, Jürgen Kesting, Dominique Meyer, Emanuele Senici, Thomas Seedorf und Claudio Toscani. Außerdem gab es mehrere Roundtable-Gespräche. Ileana Cotrubas hielt eine Meisterklasse. Wir drucken im Folgenden das Gespräch, zu dem sich Christa Ludwig, Ramón Vargas, Bertrand de Billy und Stephan Mösch am 25. Juni im Teesalon der Staatsoper trafen. Krassimira Stoyanova, die die Runde ergänzen sollte, musste mit Blick auf eine am nächsten Tag stattfindende «Don Carlo»-Vorstellung und wegen einer leichten Erkältung absagen.

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Frau Kammersängerin, in Ihren Memoiren...
Ludwig: ... hab ich nichts über Verdi geschrieben, oder?

Doch, doch: Es gibt eineinhalb Seiten über ihn. Sie schreiben, dass Sie die Lady Macbeth mit Zinka Milanov gelernt haben. Da würde ich gern wissen: Was genau haben Sie von ihr gelernt?
Ludwig: Na ja, ich hab die Lady zugesagt, weil ich den Ruf hatte, immer Partien abzulehnen. Erst danach schaute ich in die Noten und stellte fest, dass das gar nicht meine Lage ist (lacht mit jugendlich heller Stimme).

Dann habe ich mir zwei Aufnahmen von «Macbeth» gekauft: eine mit der Callas und eine mit der Rysanek. Von der Leonie konnte ich nicht viel lernen, die sang das mit ihrer Riesenstimme, die natürlich eine reine Sopranstimme war. Die Callas sang das schmaler und technisch so, dass ich was lernen konnte. Dann bin ich in New York zu Zinka Milanov gegangen, die eine von mir heiß geliebte Verdi-Sängerin war. Und mit ihr habe ich die Lady gelernt – eine Lady aus dem Geist des Belcanto.

Was heißt das?
Ludwig: Das heißt, dass ich schön gesungen habe, nicht zu sehr dramatisiert. Mit hässlicher Stimme hätte ich es ohnehin nicht singen können. Ich musste es singen. (Pause) Übrigens habe ich die Lady ...

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Opernwelt Jahrbuch 2012
Rubrik: Giuseppe Verdi, Seite 52
von Stephan Mösch

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